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B.: Otto Bauer

B. [= Josef Hindels?]: Otto Bauer

[Nach Der einzige Weg, Zeitschrift für die Vierte Internationale, Nr. 2 (Januar 1938), S. 46 f.]

«Es genügen 10 Zeilen eines x-beliebigen Hilferding oder Otto Bauer, um den Geruch der Fäulnis zu verspüren.»

Leo Trotzki.

Willi Schlamm, der niemals Marxist war, sich aber in seiner Eigenschaft als Führer der kommunistischen Partei Österreichs und Redakteur der Wiener «Roten Fahne» einer marxistischen Terminologie bediente, schlug sich – wie sein Buch «Diktatur der Lüge» beweist – endgültig auf die Seite der liberalen Bourgeoisie und verzichtete anständigerweise auch auf eine marxistische Sprache. Otto Bauer, der in der Oktobernummer des «Kampf» (österreichische Ausgabe) Schlamms Buch einer Kritik unterwirft, ist gleich Schlamm kein Marxist, doch hält er es für zweckmäßig, sich einer marxistischen Terminologie zu bedienen. Nicht nur darin unterscheidet er sich vom Schlamm, sondern er geht mit diesem auch in der Stellung zur Sowjetunion auseinander. Schlamm vertritt die Ansichten jenes Teiles der Bourgeoisie, der ein Bündnis Moskau-Berlin voraussieht und für einen Zusammenschluss der «demokratischen» Imperialismen unter Ausschluss der Sowjetunion eintritt. Otto Bauer drückt die Gedanken desjenigen Flügels des Klassenfeindes aus, der die tiefen sozialen und politischen Veränderungen in der SU berücksichtigt und auf die Restauration des Kapitalismus in Russland spekuliert. Wir wollen uns im Rahmen dieses Artikels nur mit Schlamms «marxistischem» Kritiker, Herrn Otto Bauer befassen. Er schreibt:

«Das Schicksal des Sozialismus ist. ob wir es wollen oder nicht, an das Schicksal der SU gebunden. Und das Schicksal der SU ist das Schicksal des Stalinismus, solange nicht die innere Entwicklung der SU selbst die stalinistische Entwicklungsphase überwindet.»

Ist es nicht eine, durch tägliche Erfahrungen erhärtete Tatsache, dass der Sache der Sozialismus in- und außerhalb der SU von der entarteten Stalinbürokratie unermesslicher Schaden zugefügt wird? Hängt das Schicksal der Sozialismus (in positivem Sinne) etwa von den Mordkolonnen Stalins ab, die in Spanien die proletarische Revolution im Blut ertränken und die, wie der «Populaire» vom 7. September meldete, von einem katholischen Minister als die «Extreme Rechte» bezeichnet werden? Wird der hehre Gedanke des Sozialismus nicht täglich durch das Wüten des Stalinschen Terrors unsäglich kompromittiert? Untergräbt nicht die Bürokratie, durch die hemmungslose Privilegierung bestimmter Schichten, die Fundamente des Sozialismus, die nicht sie, sondern die Oktoberrevolution gelegt hat? Weckt sie nicht, durch das phantastisch hohe (im Vergleich zur breiten Masse) Einkommen, das sie sich selbst und anderen Privilegierten gewährt, privatkapitalistische Appetite, die an den durch die proletarische Revolution geschaffenen Eigentumsformen nagen? Ist es nicht die von der Stalinbürokratie beherrschte Komintern welche durch ihre Burgfriedenspolitik in den imperialistischen Ländern der Sowjetunion den einzigen verlässlichen Bundesgenossen zu rauben droht: das revolutionäre Proletariat? … Man kann Stalin – dem Totengräber der Revolution, dem Schlächter der alten bolschewistischen Garde – keinen Größeren Gefallen erweisen, als zu behaupten, das Schicksal des Sozialismus sei abhängig von seinem Regime. Im Wirklichkeit ist die Sowjetunion, die ihrer Eigentumsverhältnisse wegen, zu schützen unsere Pflicht ist, nicht nur nicht identisch mit Stalins Regime, sondern der Schutz, die Erhaltung der Sowjetunion erheischen den unversöhnlichsten Kampf gegen die entartete Bürokratie, die das Land immer weiter weg vom Sozialismus führt. Allerdings: Herr Otto Bauer hat – möge es ihm auch oft vor Stalins Blutregime grauen – ein vitales Interesse daran, dass die SU von einer entarteten Bürokratie beherrscht, die Komintern von einer solchen kommandiert wird. Weiß er doch sehr genau, dass eine revolutionäre Komintern, eine leninistische Führung des Sowjetstaates, ihm nicht Fusionsvorschläge unterbreiten würde, sondern ihn als das bezeichnete, als das Lenin ihn stets bezeichnet hat: als einen der gefährlichsten Agenten der Bourgeoisie im Lager der Arbeiterklasse. Otto Bauer weiß auch, dass eine, nicht von einer entarteten Bürokratie vergewaltigte, Komintern das internationale und vor allem das österreichische Proletariat an die konterrevolutionäre historische Mission Otto Bauers erinnern würde. Otto Bauer und Stalin amnestieren einander gegenseitig: der eine schweigt darüber, dass der andere das «Hineinwachsen» der Arbeiter in den Sozialismus vorausgesagt hat, während diese unter seiner Führung in den Faschismus «hineinwuchsen»; der andere verschweigt, dass des Kumpanen Regime die Fundamente des Sozialismus der SU erschüttert und rechtfertigt «historisch» das historische Verbrechen des Spießgesellen. – Herr Otto Bauer tritt für eine «Überwindung» des Stalinregimes ein (nebenbei bemerkt: ist dieser gute Herr nicht stets für die «Überwindung» des Kapitalismus eingetreten, was ihn nie daran hinderte, diesem in jeder kritischen Situation hilfsbereit beizustehen?) – doch dies sei ein Prozess, den nur die SU «selbst» vollbringen könne. In Wirklichkeit gibt es nur einen Weg, der zur Überwindung des Stalinregimes führt: das Proletariat der kapitalistischen Länder muss – gegen den Willen Stalins, Otto Bauers und ihrer «Internationalen» – zum revolutionären Massenkampf übergehen. Dann und nur dann wird das russische Proletariat in der Lage sein, ohne fürchten müssen, der bürgerlichen Konterrevolution den Weg zu bereiten, die Bürokratie durch eine politische Revolution niederzuwerfen. Herr Otto Bauer schreibt auch:

«siegt aber das Proletariat…, so muss es zunächst die besiegten Ausbeuterklassen und ihren Tross niederhalten, ihre Widerstände brechen; nun sind es – die ganze weiße Literatur bezeugt es – die besiegten Ausbeuterklassen, die die Herrschaft des Proletariats ’m Namen der Freiheit, Menschenwürde, Gerechtigkeit bekämpfen.»

Wir trauen unseren Augen nicht: ist es nicht wirklich rührend, dass der ergraute Opportunist Otto Bauer nach jahrelangen Irrfahrten in den trüben Gewässern des Reformismus die Notwendigkeit der proletarischen Diktatur begreift, die Unvermeidbarkeit des roten Terrors zugibt? Sollen wir ihm nicht die Hand reichen? Nein?! Zu der weißen Literatur, die im Namen der Freiheit, Gerechtigkeit usw. gegen die Diktatur des Proletariates in Russland angekämpft hat, gehören auch Otto Bauers Schriften gegen das revolutionäre Sowjetrussland. Otto Bauer bekämpfte und verleumdete die SU, an deren Spitze Lenin und Trotzki standen, in deren Hauptstadt eine revolutionäre Komintern tagte. Heute – wo in der SU ein, von einer parasitären Bürokratie ausgeübter, sich vor allem gegen die proletarische Avantgarde, gegen die Helden des Oktobers, gegen die nichtprivilegierten, darbenden Massen richtender, grausamer Terror wütet, heute ist Herr Otto Bauer, der sich früher, wenn er das Wort «Terror» hörte, vor Ekel schüttelte, bereit, diesen als historisch notwendig zu rechtfertigen. Ist Otto Bauer nicht einer der klügsten Lakaien der Bourgeoisie im Lager der Arbeiterklasse?! Als die, von den Interventionsheeren der Imperialisten bedrohte, einem ganz zerrütteten Produktionsapparat gegenüberstehende, aus unzähligen ihr durch Krieg und Bürgerkrieg geschlagenen Wunden blutende SU, sich mit revolutionär-terroristischen Mitteln gegen die Ausbeuter und ihre Agenten wehrte, zitterte Herr Otto Bauer um das Ansehen des Sozialismus. Stalins barbarischer Ausrottungsfeldzug gegen alles mit der Revolution Zusammenhängende wird von ihm «marxistisch» interpretiert.

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