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Januarplenum des ZK 1910

An dem ZK-Plenum nahmen neben den Versöhnlern [...] (Trotzki selbst und der Bundist Jonow) auch die Menschewiki von der Richtung des „Golos Sozialdemokrata“ (Martow usw.) und Anhänger der „Wperjod“-Gruppe teil. Die beiden zuletzt angeführten Gruppen fühlten sich zu einer direkten Spaltung nicht stark genug und erklärten daher heuchlerisch, dass sie sich den Beschlüssen des Plenums unterordnen und gegen das Liquidatorentum kämpfen werden. Lenin ging darauf ein, sowohl die Anhänger des „Golos Sozialdemokrata“ als auch die „Wperjod“-Gruppe in die Einigung mit einzubeziehen, da er hoffte, dass das Leben selbst bald ihre Heuchelei und ihre wirkliche Anschauung über die Einigung aufzeigen wird. Aus dem Artikel Lenins ist zu ersehen, dass in den Beschlüssen des Plenums der Einfluss der Versöhnler zum Ausdruck kam. Hier wirkte auch der Umstand mit, dass an dem Plenum auch einzelne versöhnlerisch gestimmte Bolschewiki teilnahmen. Die von Trotzki und anderen vorgeschlagenen Abänderungen trugen zur Verschlechterung der Beschlüsse des Plenums bei. In der Hauptsache aber behielten diese Beschlüsse doch bolschewistischen Geist.

Das Plenum unterstrich die Notwendigkeit einer Taktik, die auf die Eroberung der Massen und auf ihre Vorbereitung für den revolutionären Kampf gerichtet ist. Es verwies auf die Notwendigkeit, zu diesem Zwecke die legalen und die illegalen Formen der Arbeit zu vereinigen, die illegale Partei zu stärken, dies vor allem durch die Heranziehung der sozialdemokratischen Arbeiter und durch die Bildung eines arbeitsfähigen ZK. Das Plenum verurteilte die beiden hauptsächlichen parteifeindlichen Strömungen – den Otsowismus und das Liquidatorentum –, und auf Grund dieser Verurteilung forderte es die Partei zur Einheit und zur Beseitigung der Fraktionen auf. Bei der Verkündung dieses Beschlusses erklärten die Bolschewiki, dass sie ihre Fraktion auflösen und die Herausgabe ihrer Zeitung „Proletarij“ einstellen werden. Das Plenum empfahl den Menschewiki, die Herausgabe ihres Fraktionsorgans „Golos“ einzustellen. Außerdem fasste das Plenum eine Reihe anderer praktischer Beschlüsse: über die Einberufung einer allgemeinen Parteikonferenz in der nächsten Zeit, über die Hinzuziehung neuer Mitglieder in das ZK, über die Redaktion des Zentralorgans („Sozialdemokrat“), in die zwei Bolschewiki, zwei Menschewiki und ein polnischer Sozialdemokrat aufgenommen wurden, über die Umwandlung der Zeitung Trotzkis, der du Wien herausgegebenen „Prawda“, in eine volkstümliche Zeitung der gesamten Partei und über den Eintritt Kamenews als Vertreter des ZK in die Redaktion, über das Weiterbestehen der Gruppe „Wperjod“ als bloße Verlagsgruppe und ihre rascheste Auflösung als selbständige Organisation usw.

Sofort nach dem Plenum wandten sich die bolschewistischen Mitglieder des ZK in Ausführung seiner Beschlüsse an die in Petersburg wohnenden und vom „Golos“ vorgeschlagenen Menschewiki mit dem Vorschlag, zwei von ihnen in das Zentralkomitee aufzunehmen. Als Antwort darauf erklärten diese Menschewiki, dass sie nicht nur die Beschlüsse des Plenums, sondern die Existenz des ZK selbst für schädlich halten und es daher ablehnen, an der Sitzung des ZK zwecks ihrer Aufnahme in dasselbe teilzunehmen. Diese Weigerung der Menschewiki machte die Bildung eines gesamtparteilichen ZK unmöglich. Zugleich ließen die Menschewiki den „Golos“ weiter erscheinen, und entgegen den von ihnen eingegangenen Verpflichtungen, gegen das Liquidatorentum zu kämpfen, nahmen sie in der ersten Nummer der Zeitung, die nach dem Plenum des ZK erschien, so wie früher die Liquidatoren in Schutz und stellten sie in einem Artikel Martows „Auf dem richtigen Wege“ als gleichberechtigten Teil der Partei hin. Und der „Golos“ blieb nach wie vor das ideelle Zentrum der Liquidatoren. Unter solchen Umständen haben die Bolschewiki den Kampf gegen sie mit allen Kräften verstärkt. Zugleich musste sich der Kampf gegen das Versöhnlertum verschärfen, besonders gegen den Zentrismus Trotzkis zu jener Periode [...]. Der Versuch, das Trotzkische Organ „Prawda“ durch den Vertreter des ZK in seiner Redaktion (Kamenew) zu beeinflussen, führte zu keinem Resultat, und schon im Sommer 1910 war Kamenew gezwungen, aus der Redaktion auszutreten. Anstatt gegen die Liquidatoren zu kämpfen, führte Trotzki so wie die Menschewiki vom „Golos“ einen verschärften Kampf gegen die Bolschewiki. Auf der Grundlage gerade dieses allgemeinen Kampfes gegen die Leninsche Linie der Bolschewiki erfolgte eine immer engere Annäherung der verdeckten Liquidatoren, der Trotzkisten, der Liquidatoren der „Golos“-Gruppe usw., der Liquidatoren von der Gruppe „Nascha Sarja“ und der „Wperjod“-Gruppe, bis sie schließlich (ohne die „Wperjod“-Gruppe) einen einheitlichen antibolschewistischen Block, den sogenannten Augustblock vom Jahre 1912 bildeten [...]. Andererseits vollzog sich zu derselben Zeit eine immer engere Annäherung aller wirklich zur Partei stehenden Elemente auf der Plattform der Beschlüsse des ZK-Plenums. Plechanow führte in seinem „Tagebuch“ und im Zentralorgan einen energischen Kampf gegen das Liquidatorentum, wobei er nicht nur die offenen Liquidatoren, sondern auch die Menschewiki vom „Golos“ und die Versöhnler entlarvte. Die in dieser Zeit von Plechanow eingehaltene Linie der entschiedenen Verteidigung der illegalen Partei war insofern von Bedeutung, als sie zu einer engen Annäherung des besten Teils der in Russland arbeitenden und parteitreuen Menschewiki an die Partei führte. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 23]

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