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Bogdanow und die Prawda

Im Sommer 1912 verhandelte A. Bogdanow mit der Redaktion der „Prawda" über den Abdruck seines utopischen Romans „Ingenieur Menni". Diese Verhandlungen zerschlugen sich jedoch. Für das Jahr 1913 wurde A. Bogdanow samt einigen „Wperjod"-Leuten und parteitreuen Menschewiki in das Verzeichnis der Mitarbeiter der „Prawda" aufgenommen. In einem im „Lutsch" vom 24. (11.) Januar 1913 veröffentlichten Briefe protestierte Bogdanow gegen seine Aufnahme in das Verzeichnis der Mitarbeiter der „Prawda". Später aber kam es zwischen der zu dieser Zeit versöhnlerisch gestimmten Redaktion der „Prawda" und A. Bogdanow zu einem Übereinkommen über dessen Mitarbeiterschaft. In seinem Briefe an die Redaktion der „Prawda", der am 12. Februar (30. Januar) 1913 veröffentlicht wurde, erklärte Bogdanow, er sei zur Mitarbeit an der „Prawda" bereit, obwohl es zwischen ihm und der Redaktion über die Frage der Wahlen zur IV. Reichsduma Meinungsverschiedenheiten gebe, da er die Aufstellung von sozialdemokratischen Parallelkandidaturen durch die Anhänger der „Prawda" und diejenigen des „Lutsch" bei den Wahlen für einen Fehler sowohl der „Prawda"- als auch der „Lutsch"-Anhänger halte. Anstatt A. Bogdanow eine ernsthafte politische Abfuhr zu erteilen, beschränkte sich die Redaktion der „Prawda" darauf, in einer Nachschrift zu seinem Briefe darauf zu verweisen, dass die Schuld an der Aufstellung von Parallelkandidaturen nicht die Anhänger der „Prawda", sondern die Liquidatoren treffe.

Gegen die Veröffentlichung des Briefes Bogdanows und die „neutrale" Nachschrift der Redaktion protestierten in scharfer Weise Lenin, Sinowjew und Kamenew.

Die Mitarbeiterschaft Bogdanows in der „Prawda" bestand in einer Reihe von volkstümlich geschriebenen Aufsätzen unter der Überschrift „Aus dem Fremdwörterbuch". Im Zusammenhang mit dem Artikel Lenins „Strittige Fragen", in welchem Lenin an die Beschlüsse des ZK-Plenums vom Jahre 1910 und die darin enthaltene Verurteilung des Liquidatorentums und des mit der „Wperjod"-Richtung verbundenen Otsowismus erinnert hatte, veröffentlichte Bogdanow in der „Prawda" vom 8. Juni (26. Mai) 1913 eine Notiz „Tatsachenfeststellung", in der er zu bestreiten versuchte, dass der Otsowismus und die mit ihm verbundene „Wperjod"-Richtung auf dem ZK-Plenum vom Jahre 1910 verurteilt worden waren. Nach der Veröffentlichung dieser Notiz in der „Prawda" wandte sich Lenin an das Redaktionskollegium mit einem Protestbrief, in welchem diese Veröffentlichung als eine Unterstützung des Otsowismus und der schlechtesten Elemente der „Wperjod"-Richtung bezeichnet und die Richtigstellung dieses Fehlers durch die Redaktion gefordert wurde. Nicht genug damit, dass die Redaktion der „Prawda" Bogdanow unterstützte, veröffentlichte der Parteiverlag „Priiboj" ein Buch Bogdanows „Einführung in die politische Ökonomie", was ebenfalls die Unzufriedenheit Lenins hervorrief. Er vermochte seine Forderung, die Redaktion möge mit Bogdanow brechen, durchzusetzen. Der Bruch vollzog sich in Verbindung mit dessen Artikel „Ideologie". Dieser Artikel wurde in der Zeitung nicht veröffentlicht, und bald darauf wurde Bogdanow von der Liste der Mitarbeiter der „Prawda" gestrichen.

Anlässlich des Auftretens Lenins gegen Bogdanow schrieb dieser in einem Briefe vom 9. Juli 1913 an die Genfer Gruppe des „Wperjod": „Lenin kehrt zu dem Plane des ,Zentrums' mit dem Kampfe gegen rechts und links zurück. Möglicherweise liegt hier ein Druck von Plechanow vor, wahrscheinlicher ist jedoch, dass Lenin nachträglich seine Rolle bei der Spaltung der Bolschewiki rechtfertigen will … Ich schätze die Mitarbeit an der „Prawda" sehr hoch, aber unter der Bedingung, dass es dort keinen ausländischen Herrn gibt" (womit Lenin gemeint ist).

In der „Nowaja Rabotschaja Gaseta" vom 3. Februar (21. Januar) 1914 erschien ein Brief Bogdanows an die Redaktion, in welchem er als die Ursache seines Ausschlusses die „Willkür von Literaten im Auslande" – Lenin, Kamenew und Sinowjew – hinstellte.

Als Antwort auf den Brief Bogdanows erschien im „Putj Prawdy" vom 5. Februar (23. Januar) 1914 ein Artikel der Redaktion mit der Aufklärung über die Ursachen der Ablehnung des Artikels „Ideologie". Die Antwort der Redaktion war offensichtlich nach den Weisungen Lenins abgefasst. Die Redaktion der „Prawda" schrieb: „Das ,persönliche Element', das Bogdanow wahrgenommen hat, ist in seinem ,beleidigten' Bewusstsein zweifellos zu der Zeit aufgetaucht, als wir es ablehnten, den Arbeitern jenen unter der Flagge des Marxismus sorgfältig verdeckten, eigenartigen Idealismus vorzutragen, den Plechanow, Iljin und andere schon längst enthüllt haben".

Am 13. Februar (31. Januar) wurde im „Putj Prawdy" ein gemeinschaftlich abgefasster Brief Lenins, Sinowjews und Kamenews abgedruckt.

Bei einigen Petersburger Bolschewiki rief der Bruch mit Bogdanow gewisse Schwankungen hervor. Für die Beibehaltung Bogdanows als Mitarbeiter trat besonders eine Reihe von Mitarbeitern des „Priboj"-Verlags auf. Gegen die Beseitigung Bogdanows von der Mitarbeit an der „Prawda" traten die „Wperjod"-Anhänger des Tifliser Zirkels auf, die in Nr. 7/8 der „Borjba" einen Brief mit 13 Unterschriften veröffentlichten.

Um das antimarxistische Wesen der Ansichten Bogdanows zu enthüllen, veröffentlichte Lenin in der „Prawda" und in der Zeitschrift „Prosweschtschenije" eine Reihe von Artikeln. Kamenew schrieb im Auftrag Lenins eine „S. Korsow" unterzeichnete Besprechung des Bogdanowschen Buches „Einführung in die politische Ökonomie", die in Nr. 3 von „Prosweschtschenije" im März 1914 veröffentlicht wurde. Dem Kampfe gegen die Ansichten Bogdanows war auch der Artikel W. I. Pawlows (Miljutins) „Über einige Züge der Philosophie Bogdanows" in Nr. 2 vom „Prosweschtschenije" vom Februar 1914 gewidmet. [Band 17]

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