Redaktion: Der Ausbruch der neuen Revolution

Redaktion: Der Ausbruch der neuen Revolution

[Nach Bote der Russischen Revolution. Organ der ausländischen Vertretung des Zentralkomitees der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (Bolschewiki) Nr. 9/10, 17. Nov. 1917, S. 15-22]

Bevor wir in der Lage sein werden auf Grund eigener Berichte die Umwälzung zu schildern, die am 7 November begann, geben wir das uns zur Verfügung stehende Material wieder, das wir teils aus der Presse (die Tage vor dem Ausbruch) schöpfen, teils von den Helsingforser Genossen bekommen haben (die Jusogespräche).

I. Das rev. mil. Komitee.

Die wachsende Arbeitslosigkeit, Teuerung wie die Überzeugung, dass die Regierung aus Petrograd flüchten will – die Regierung bestritt es aufs Nachdrücklichste – erzeugte die tiefste Erbitterung in den Vorderreihen der Arbeiterschaft. Sie war überzeugt, dass die Regierung Petrograd dem Hunger und den Deutschen ausliefern will. Es wuchs der Wille zur Verteidigung der Revolution gegen die Regierung wie gegen die deutschen Truppen. Der Petrograder Sowjet hat eine besondere Militär-Kommission gebildet, die die Verteidigung von Petrograd vorbereitet: er fordert die Petrograder Garnison auf, nur ihren Befehlen zu gehorchen. Wie die bürgerliche Presse behauptet, verschwinden aus den Waffenfabriken große Massen von Gewehren, die Arbeiter bewaffnen sich. Auf dem Kongress der nordrussischen Sowjets, auf dem nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Garnisonen von Nordrussland und Finnland, die baltische Flotte vertreten waren, wurde die Übernahme der Gewalt durch die Sowjets, die sofortige Einleitung von Friedensverhandlungen beschlossen. Angesichts dieser Situation versammelte sich der widerrechtlich noch amtierende Zentral-Vollzugsausschuss der Sowjets. Dan, der Führer der Menschewiki wies in einer Rede und der von ihm vorgelegten Resolution auf die wachsende konterrevolutionäre Gefahr, auf die Bestrebungen, die direkt auf Wiederherstellung des Zarismus hinsteuern. Jedes Auftreten der Arbeiter würde nur Türe und Tore für eine konterrevolutionäre Aktion öffnen. Im Moment, wo deutsche Angriffe, wie Verschwörungen seitens der Konterrevolution drohen, ist es Pflicht der Sowjet die Arbeiter zur Ruhe zu mahnen. Im Namen der Bolschewiki antwortet Rjasanow: nachdem er die ganze Politik der Regierung in den letzten Monaten geschildert hatte, erklärte er: „Wenn ihr keinen Mut habt, dieser Regierung zu sagen: fort mit dir, du bist eine kapitalistische Regierung! so haben alle eure Beteuerungen, als wolltet ihr Petrograd, Russland, die Revolution verteidigen, keinen Wert. Wollt ihr das man eure Worte von der Verteidigung ernst nimmt, dann müsst ihr die Sowjets auffordern, die Verteidigung in die eigenen Hände zu nehmen. Dan fragte uns für wann wir den Aufstand bestimmt haben. Dan müsste wissen, dass wir als Marxisten den Aufstand nicht vorbereiten: es bereitet ihn die Politik, die im Laufe von sieben Monaten soviel für die Bourgeoisie und so wenig für die Arbeiter geleistet hat. Den Aufstand bereiten alle die, die in den Massen Verzweiflung oder Gleichgültigkeit säen. Dadurch wird der Boden für den Aufstand der Konterrevolution, wie der Volksmassen geschaffen. Wenn die Politik der Regierung sich weiterhin in derselben Richtung bewegen wird, und wenn sie schließlich zu einem Aufstand der Arbeiter und Soldaten führt, so werden wir in den ersten Reihen der Aufständischen stehen. Rjasanow veröffentlicht die Resolution der Bolschewiki, in der gesagt wird, das die Regierung die Schicksale der Revolution auf die Karte stellt, indem sie sich nicht entscheidet, Friedensverhandlungen vorzuschlagen. Die Verbündeten haben nichts gegen die Einnahme Petrograds durch die Deutschen. Die Regierung genieße nicht das geringste Vertrauen seitens der Arbeiter, Soldaten und Bauern. Sie mache Platz der Regierung der Sowjets, die die Friedensverhandlungen anbahnen wird und bis zu ihrer Beendigung das Land verteidigen wird.

Die Menschewiki-Internationalisten wie auch die linken Soz.-Rev. geben ihre Stimmen der Resolution Dans, da sie, wie Martow erklärte, das Vorgehen der Massen, wie sehr es auch begründet ist, in gegebenem Moment für ein unzweckmäßiges halten.

Das Rev. Kriegskomitee des Petrograder Sowjets hielt am 4, November zusammen mit den Vertretern der Petrograder Garnison eine Sitzung ab, in der es als ihr leitendes Organ anerkannt wurde.

In der Nacht vom 4 auf 5 Nov. haben die Vertreter des Komitees dem Hauptkommandierenden des Petrograder Militärbezirkes vorgeschlagen, zusammen mit dem Komitee zu arbeiten. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt, dabei wies der Hauptkommandierende die Anteilnahme des Komitees an der Kontrolle aller Befehle zurück.

Am 5 Nov. wurde im Smolny-Institut in der Sitzung der Vertreter der Petrograder Garnison und des Rev. Kriegskomitees folgender Aufruf an die Petrograder Garnison ausgearbeitet:

Soldaten Petrograds!

Der Schutz der revolutionären Ordnung gegen konterrevolutionäre Ausschreitungen liegt vollkommen auf Euch unter der Führung des Revolutionären Kriegskomitees.

2. Ein Militärbefehl, der nicht von dem Rev. Kriegskomitee gegengezeichnet ist, hat keine Gültigkeit.

3. Alle Verordnungen für den heutigen Tag, den Tag des Petrograder Arbeiter und Soldaten Delegiertenrates – bleiben in Kraft.

4. Jedem Soldaten wird zur Pflicht Wachsamkeit, Ausharren und eine eiserne Disziplin, gemacht.

5. Die Revolution ist in Gefahr. Es lebe die revolutionäre Garnison.

Das Rev. Kriegskomitee des Petrograder Arbeiter und Soldaten Delegiertenrates.“

Ihm gesellte sich der Aufruf an die Bevölkerung:

An die Bevölkerung Petrograds!

Zur Kenntnis der Arbeiter, Soldaten und aller Bürger Petrograds erklären wir:

Im Interesse der Verteidigung der Revolution und ihrer Errungenschaften gegen die Anschläge der Konterrevolution ernennen wir spezielle Kommissare in allen Teilen der Garnison und besonders wichtigen Punkten Petrograds und Umgebung. Alle Befehle und Verordnungen, die diese Punkte betreffen sind nur nach Gegenzeichnung der bevollmächtigten Kommissare auszuführen. Die Kommissare als Vertreter des Sowjets sind unantastbar. Die Widersetzung den Kommissaren gegenüber ist eine Widersetzung dem Arbeiter- und Soldaten-Delegiertenrate gegenüber. Der Sowjet hat alle Mittel ergriffen um konterrevolutionäre Anschläge und Pogromversuche zu parieren.

Alle Bürger sind aufgefordert unseren Kommissaren Beistand zu leisten. Im Falle von Unruhen sollen sich die Bürger an die Kommissare der nächst liegenden Militärabteilung wenden.

Das Rev. Kriegskomitee des Petrograder Arbeiter und Soldaten Delegiertenrates.

Petrograd d. 6 November 1917.“

Das Rev. Kriegskomitee und die Vertreter der Petrograder Garnison traten dann in Verbindung mit dem Stab des Petrograder Militärbezirkes, den sie aufforderten einen Vertreter des Komitees zur Kontrolle der Arbeiten des Stabes zuzulassen. Das wurde vom Stabe abgelehnt mit der Begründung es sitze schon im Stabe ein Vertreter des Zentral- Vollzugsausschusses der Sowjets (der bekanntlich aus Sozialpatrioten besteht, deren Mandate schon längst abgelaufen sind.)

Den 5. Nov. wurde dem Minister Konowalow mitgeteilt, dass der Petrograder Sowjet alle Teile der Petrograder Garnison durch ein Telefonogramm benachrichtigt hat, das Rev. Kriegskomitee des Petrograd Sowjets über alle Schritte und Befehle des Stabs zu verständigen und die Befehle des Stabs nur wenn sie vom Rev. Kriegskomitee sanktioniert sind auszuführen. Konowalow wandte sich unverzüglich an Kerenski und machte ihn darauf aufmerksam, dass die Einmischung des Rev. Kriegskomitees in die Befehle des Stabs einen Bruch einer der wichtigsten Bedingungen der Koalition – über die vollkommene Unabhängigkeit der Regierung von den unverantwortlichen Organisationen – darstellt.

Nach einem kurzen Meinungsaustausch wurde beschlossen, alle Versuche der Einmischung in die Regierung zu unterdrücken.

Die Tätigkeit des Höchstkommandierenden des Petrograder Militärbezirkes. Polkownikow, wurde als nicht genügend energisch gefunden und alle Befehle wurden daraufhin vom Kerenski nicht dem Polkownikow, sondern dem Chef des Stabes, dem General Bagratuni, abgegeben. Der letztere wurde veranlasst dem Petr. Sowjet eine ultimative Forderung der Zurücknahme seines Telephonogramms zu stellen, mit der Drohung, widrigenfalls scharfe Maßregeln zu ergreifen.

Gestern Abend wurde in der Sitzung das Petrograder Sowjets ein Bericht über die Tätigkeit des Rev Kriegskomitees abgestattet. Der Berichterstatter Antonow, stellte die Lebensfähigkeit des Komitees fest. Das Rev Kriegskomitee konnte 10.000 Gewehre, die man nach Nowotscherkassk den Kosaken schicken sollte zurückhalten. Als Regel hat das Rev. Kriegskomitee beschlossen, dass die Arbeiter der Munitionsfabriken Waffen nur auf Order, die vom Rev. Kriegskomitee gegengezeichnet sind, ausliefern.

Weiter erklärte der Berichterstatter, dass alle Teile des Petrograder Garnison das Rev. Kriegskomitee unterstützen und die Kommissare des Komitees bestätigt haben. Das Komitee konnte noch nicht Kommissare zu den Kosaken schicken. Zum Schluss benachrichtigte er über den Konflikt zwischen dem Komitee und dem Stab.

Der Berichterstatter erklärte in Beantwortung einer Reihe von Fragen, dass das Komitee über die Bewegung der Regierungsregimenter auf Petrograd benachrichtigt ist. Die 16. Infanteriedivision und 2 Divisionen in Venden lehnten es ab, auf Petrograd zu marschieren. Nachrichten kamen aus Kiew über Entsendung einer Abteilung von Fähnrichen und Todesbataillon. Im Namen der vereinigten Internationalisten erklärt Kamarow, dass seine Fraktion zwar die Losung „ganze Macht den Sowjets" nicht teilt, aber die Petrograder Garnison hat das Recht sich zu organisieren und niemand kann ihr dieses Recht absprechen. Wenn die Regierung uns provozieren wird, so werden wir uns verteidigen, erklärt der Redner.

Leo Trotzki verteidigt die Richtigkeit des Standpunktes des Rev. Kriegskomitees in dem Konflikt mit dem Stab. Er verheimlicht nicht, dass die Bildung des Rev. Kriegskomitees ein Schritt zur Übernahme der Regierung in die Hände der Sowjets ist. Trotzki wiederholt, dass das Rev. Kriegskomitee genau so die Konstituierende Versammlung beschützen wird, wie es den Allrussische Kongress aller Sowjets beschützt.

Brojdo erklärt in Namen der Menschewiki, die Tätigkeit des Rev. Kriegskomitees sei eine desorganisatorische und führt zum Bruch in den Reihen der Demokratie.

Zum Schluss wird eine Resolution im Sinne der Bolschewiki angenommen, die die Tätigkeit des Komitees gutheißt und zu seiner Unterstützung auffordert. Weiter besagt die Resolution, dass das Komitee gegen alle Versuche von Pogromen kämpfen wird.

Inzwischen kamen Nachrichten, die die Arbeitermasse auf Tiefste aufwühlten:

II. Die Sprengung des Sowjets in Kaluga

Der Sowjet in Kaluga hat seine politische Physiognomie geändert. Die Mehrheit hat die bolschewistische Plattform angenommen. Die lokale bürgerliche Presse fing daraufhin eine wütende Hetze gegen den Sowjet [an]. Die sozialen Organisationen der Stadt, in ihrer Mehrheit Kadettenorganisationen, beschuldigten den Sowjet in der Presse wie in den Versammlungen der wirtschaftlichen Anarchie und forderten in Namen der Revolution seine Auseinanderjagung.

Schließlich kam nach Kaluga eine Abteilung von Kosaken mit Panzerautos. Sie umzingelten den Sowjet und stellten die Forderung, die Mitglieder des Sowjets sollen in 5 Minuten das Haus verlassen und die Waffen ausliefern. Die Forderung wurde angenommen. Als aber die Sowjetmitglieder herauskamen, eröffneten die Kosaken Feuer. Die Zahl der Opfer ist noch nicht festgestellt. Die Kosaken versicherten, dass dasselbe Schicksal 12 andere Sowjets, darunter den Moskauer, die auf demselben Standpunkt wie der Kalugaer stehen, erwartet.

Die Vertreter der Kosaken gaben an, die Strafexpedition wurde deswegen geschickt, weil angeblich die Kalugaer Garnison keine Ersatzbataillone an die Front schicke, was eine glatte Unwahrheit ist: die Ersatzbataillone wurden immer regelmäßig abgesandt. Jedenfalls zeigt die Lüge, mit welchen Mitteln die Soldaten gegeneinander aufgehetzt werden.

Am 6ten versandte der Kronstädter Sowjet folgendes Radiotelegramm:

Radiotelegramm aus Kronstadt.

Allen!

Dem Petrograder Sowjet droht Gefahr. Heute Nachts wurden die Zeitungen „Rabotschij Putj" und „Soldat" geschlossen. Ein Anschlag seitens der Fähnrichsschule und anderen dunklen Mächten wird vorbereitet.

Kronstädter Vollzugsausschuss.“

III Die Tage der Revolution.

Ein Jusogramm aus Petrograd.

Am Apparat Dybenko, Vorsitzender des Komitees der Baltischen Flotte, spricht Jewdokimow, Mitglied des Militärkomitees: Gestern (am 7 Nov. Red.) um 3 Uhr gab die Prov. Regierung den Befehl die Brücken einzuziehen und stellte Militärpatrouillen aus Fähnrichen und Todesbataillonen. Eingezogen wurden: die Nikolaische Brücke und die Dworzowy, die Troitzkibrücke hatten wir in unseren Händen und ließen ihre Einziehung nicht zu. Gegen Abend zeigten sich auf den Straßen Patrouillen aus Fähnrichen, Abteilungen des Todesbatailions und anderen Regimenter. Sie requirierten alle vorbeifahrenden Autos unter dem Vorwand, dass die Bolschewiki sie sowieso wegnehmen, beschädigen und nicht bezahlen werden, dagegen haftet die Regierung für die Beschädigung Auf diese Weise sammelte der Stab eine größere Zahl von Autos. Wir entwickelten eine Konteraktion. Unsere erste Aufgabe war die Brücken wieder herunterzulassen. Zu diesen Zwecke kam die Aurora zu der Nikolaische Brücke und gleichzeitig beordneten wir zu der Nikolaischen Brücke unsere Militär aus den 2. Baltischen und Derjabinschen Kasernen. Sie besetzten ohne Widerstand die Nikolaische Brücke; dasselbe wurde mit der Dworzowybrücke gemacht und beide Brücken wurden heruntergelassen.

Aus Kronstadt kommen die nötigen Streitkräfte. Kronstadt ist bereit und hält die Verbindung aufrecht. In der Nacht wurden die festgenommen, die ihre saubere Geschäfte nicht fein genug maskiert haben und sind nach Petropawlowsk überführt. Die Petropawlower Festung ist in unseren Händen.

In der Nacht zogen sich die Fähnrichspatrouillen zurück, nur hie und da fand man sie auf dem Newski. Mehrere Quartiere sind durch unsere Abteilungen besetzt. Vor 2 Stunden besetzten wir die Staatsbank, den Hotel Astoria und andere wichtige Punkte. Postamt u. andere wichtige Institutionen sind von uns bewacht. Die Nacht war ruhig. Es kam zu keinen Ausschreitungen.

Sie müssen einen zuverlässigen Mann nach Wyborg als Kommissar schicken, denn dort geht es ohne Kontrolle zu. Nach Bjeloostrow schicken Sie unseren Kommissaren zu Unterstützung etwa 60 Mann, am liebsten Matrosen. Wenn möglich alles unverzüglich ausführen. Die Petrograder Garnison ist mit kleinen Ausnahmen für uns.

Wir haben Nachrichten, dass die Prov. Regierung Hilfe von der Front bekommen soll. Wir haben Maßregel ergriffen. Wir teilen Euch mit inwieweit sie gelungen sind. Möchten glauben, dass alles ruhig sich entwickeln wird, obwohl Kerenski sich für allerschwerste Repressalien ausgesprochen hat. Gestern Abend fand eine Sitzung der Exekutive des Vollzugsausschusses aller Sowjets statt, zusammen mit der Exekutive der Bauerndelegierten; eingeladen als Gäste wurden auch die Vertreter des Kongresses. Die Herren Liber, Dan und Co wollten sie in ihre Politik einführen. Aber schon bei der ersten Rede merkte man Unzufriedenheit und Aufregung unter den Vertretern des Kongresses, Ich konnte leider nicht länger bleiben, über das weitere werde ich benachrichtigen.

Jewdokimow

Als Antwort auf die Repressalien von Kerenski schicken wir Euch Hilfe: zwei Abteilungen Soldaten und Matrosen. Sie schworen bei der Abreise, dass sie nicht einen von der Bourgeoisie beim Leben lassen. Auf dem Seewege gehen Torpedoboote mit Matrosenabteilungen. Benachrichtige das Rev Kriegskomitee: 2 oder 3 Offiziere sollen die Matrosen empfangen. Die ganze Flotte und die Armee stehen bereit. Telegraphiert wenn ihr Hilfe nötig habt.

Dybenko.

Die Hochhebung der Brücken zielt auf die Sabotierung des Kongresses hin. Der Kongress aber wird stattfinden. Gegen 12 Uhr wird er eröffnet. Die Nach richten teile ich nach Möglichkeit mit.

Jewdokimow

Torpedoboot „S..……" geht nach Petrograd mit der Flagge „Nieder mit der Koalition, hoch der allrussische Kongress aller Sowjets!" Die ganze Macht den Sowjets! Wir erwarten die Nachricht wann ihr die Regierung übernehmt. Wenn es schwer sein soll, benachrichtigt uns, wir werden versuchen es zu tun. Bis auf Wiedersehen.

Dybenko.

Jusogespräch Dybenkos mit Chowrin am 9. November.

Petrograd am 9. November.

Chowrin: In Petrograd bildete sich unabhängig von dem Kongress aller Sowjets ein Komitee der Rettung der Revolution, gebildet von Sozialpatrioten, Vertreter der Stadtduma, den Vertretern der Menschewiki, die den Kongress verlassen haben und Vertretern der Mehrheit des Zentroflots, Die Vertreter der Minderheit des Zentroflots sind nicht eingetreten. Ich sprach mit Krylenko privat. Man ist der Meinung das Zentroflot aufzulösen und ein Prov. Rev. Flottenkomitee aus den Mitgliedern des tagenden Kongresses zu bilden. Der verhaftete Werderewski1 sitzt in Petropawlowsk. Im Gespräch mit Krylenko im Rev. Militärkomitee erfuhr ich, dass man Werderewski den Eintritt in das Ministerium vorschlagen will. Die Regierung wird eine kollegiale sein. Als Mitglieder für das Rev. Marinekollegium wurden vorgeschlagen: Antonow, Krylenko und Dybenko.

Dybenko: Sind in das Komitee der Rettung der Revolution auch Vertreter der Ostseeflotte (Baltoflot) eingetreten? In der Flotte wurde die Bestimmung veröffentlicht, nur die Befehle des Zentrobalts2 auszuführen, Weswegen steht am Apparat ein Kadettenanhänger wie der Klimenko, von dem man nichts erfahren kann. Habt ihr nicht genug Menschen, die der Revolution treu sind, so schicken wir Euch welche aus dem Zentrobalt hin. Teilt ausführlich über alle Änderungen mit. Sind die geschickte 4 Torpedoboote angekommen? Sind die Abteilungen aus Helsingfors angelangt? Wir haben für sie 600 Pud geschickt. Erkundigt Euch, wenn es nötig ist schicken wir noch mehr Lebensmittel. Die Torpedoboote, wie die Echelons sind dem Rev. Militärkomitee geschickt. Unsere Vertreter zieht vom Zentroflot zurück.

Chowrin: Ein Teil der Vertreter des Baltoflots ist in das Komitee der Rettung eingetreten. Ich bin Kommissar im Marineministerium. Die Wache gehorcht nur mir. Das Militär, das ihr geschickt hat steht im Dienste des Rev. Militärkomitees, darunter auch die 4 Torpedoboote. Schickt nur Lebensmittel, vorläufig nichts anderes. Die Lage klärt sich allmählich. Ein Teil der Regimenter, die gegen uns geschickt wurden, ist auf unsere Seite übergegangen. Kerenski kam den 7. Nov. nach Gatschina und forderte die Armee auf, gegen Petrograd zu marschieren. Die Armee hat es abgelehnt. In Kasan und Zarizyn sind Kämpfe ausgebrochen. Aus anderen Orten haben wir keine Nachrichten. Jetzt antwortet in Bezug auf Werderewski und Zentroflot.

Dybenko: Zentroflot soll als nicht rechtmäßig erklärt werden, da das Baltoflot seine Vertreter, die Kerenski verteidigen, abberuft. Werderewskis Eintritt unter Fragezeichen. Die Frage wurde noch nicht besprochen. Erfahre wo Dmitriew 5 ist. Wir haben einen Brigadekommandanten für einen Kreuzer nötig. Aus welchen Teilen der Flotte stammen die Vertreter des Baltoflots, die in das Komitee der Rettung eingetreten sind. Teile die Namen mit. Sind sie dir unbekannt, so suche sie zu erfahren. In Finnland ist Kriegszustand proklamiert, da die bürgerliche Garde unsere Armee zu überfallen versucht. Alle Gegenmittel sind ergriffen. Statt Nekrassow sind zwei Kommissare ernannt. Die Flotte ist aufgeregt und verlangt Barrikadenkämpfe. Man kann sie kaum zurückhalten. Die Kommissare der Prov. Regierung Onischko und Frankfurt sind entlassen. Die Narodnaja Niwa ist wegen einen Pogromartikels geschlossen. Der Redakteur verhaftet. Die Redaktion ist für die linken Soz. Rev. requiriert, in Übereinstimmung mit dem Baltoflot.

Chowrin: Es wäre zu wünschen, die Frage über Werderewski im positiven Sinne zu entscheiden. Morgen wird er wahrscheinlich befreit. Das Marinekomitee wird wahrscheinlich heute noch von dem Kongress bestätigt. Die Kandidaten, wie ich schon benachrichtigt habe. In dieses Komitee soll auch Werderewski und noch jemand eingeladen werden. Kannst du, ohne die Sache zu schädigen nach Petrograd kommen. Die Adresse von Dmitriew 5 kenne ich nicht.

Dybenko: Sind schon Kandidaten überhaupt und für welche Ministerposten und Ministerien vorgeschlagen?

Chowrin: Wir nehmen an, dass Lenin Premierminister sein wird, über andere weiß ich nichts. Was das Zentroflot anbetrifft, so ist es zur Hälfte entschieden.

Dybenko: Die Werderewskifrage werden wir heute in der Plenarsitzung besprechen. Geben Antwort.

Chowrin: Könnt Ihr vielleicht die Antwort bis morgen früh geben? Ich werde morgen früh in der Sitzung des Rev. Komitees sein. Schlaft doch die Nacht nicht und gebt Antwort.

Dybenko: Wir geben Antwort bis 7 Uhr morgens.

Chowrin: Kannst du kommen?

Dybenko: Ja ich kann. Wann soll ich kommen.

Chowrin: Ich teile es dir mit. Hast du noch welche Fragen.

Dybenko: Wie viel Tote und Verwundete gab es bei dem Palais.

Chowrin: 5 Matrosen und ein Soldat. Verwundete gibt’s viele.

Dybenko: Wie viel von der anderen Seite?

Chowrin: Niemanden.

Dyb.: Hat sich das Frauenbataillon ergeben?

Ch.: Alle.

Der Beschluss des Zentrobalts: Als Kandidaten für das Kollegialministerium wird der Kaperang Modest Iwanow, der Brigadekommandant der 2en Kreuzerbrigade und der Konteradmiral Leskow bestimmt.

IV. Reden der bolschewistischen Führer im Sowjet am 7. November.

Lenin:

Genossen, die Arbeiter und Bauernrevolution, von deren Notwendigkeit die Bolschewiki immer gesprochen haben, ist da.

Was für eine Bedeutung hat sie? Die Bedeutung dieses Aufstandes besteht erstens darin, dass wir jetzt eine Sowjetregierung haben werden, d. h. unser eigenes Regierungsorgan, ohne irgend welche Anteilnahme der Bourgeoisie, Die unterdrückten Massen werden selbst ihre Regierung schaffen. Mit den Wurzeln wird das alte Staatsapparat ausgerottet und ein neuer Regierungsapparat wird erstehen, in der Person der Sowjetorganisationen.

Eine neue Epoche in der Geschichte Russlands hat begonnen und die dritte russische Revolution muss in ihrem schließlichen Ausgang den Sieg des Sozialismus bringen.

Eine der ersten Aufgaben, die unser harren ist die Liquidation des Krieges. Um aber diesen Krieg, der durch und durch mit der kapitalistischen Gesellschaftsordnung verbunden ist, endgültig zu liquidieren, müssen wir das Kapital besiegen. Bei Lösung dieser Aufgabe wird ums die internationale Arbeiterrevolution, die schon in Italien, England, Deutschland aufflammt, helfen.

Der gerechte unverzügliche Frieden, den wir der internationalen Demokratie vorgeschlagen haben, wird überall einen heißen Widerhall in den proletarischen Massen hervorrufen. Um dieses Vertrauen des Proletariats zu stärken müssen wir gleich alle Geheimverträge veröffentlichen.

Im Innern Russlands hat eine überwältigende Mehrheit des Bauerntums gesagt: genug des Spieles mit den Kapitalisten, wir gehen Arm in Arm mit den Arbeitern. Wir erlangen ihr Vertrauen durch das Dekret, der das Junkerbesitztum vernichten soll. Die Bauern werden es verstehen, dass nur im Bunde mit den Arbeitern die Rettung des Bauerntums liegt. Wir werden eine wirkliche Arbeiterkontrolle der Industrie einrichten. Jetzt lernten wir gemeinsam zu arbeiten. Dafür zeugt die eben ausgebrochene Revolution. Wir haben die Macht einer Massenorganisation, die alles besiegen wird und das Proletariat zur Weltrevolution bringen wird. In Russland müssen wir jetzt den Bau eines proletarischen, sozialistischem Staates anfangen.

Es lebe die Sozialistische Weltrevolution!

Sinowjew:

Genossen wir finden uns in diesem Moment im Aufstand. Ich glaube aber, dass es kein Zweifel über seinen Ausgang sein kann – wir werden siegen.

Ich bin überzeugt, dass das ganze Bauerntum auf unsere Seite übergeht, nachdem ihm unsere Lösung der Agrarfrage bekannt wird.

Es lebe die jetzt anfangende soziale Revolution!

Es lebe die Petrograder Arbeiterklasse, die die Revolution zu einem siegreichen Ende führen wird! Heute bezahlten wir unsere Schuldigkeit dem internationalen Proletariat und hatten einen Todesstoß dem Kriege, einen Schlag allen Imperialisten versetzt.

Nieder mit dem Krieg! Es lebe der internationale Friede!

Lunatscharski, der Vizebürgermeister von Petrograd.

Teure Genossen, noch gestern müssten wir in der Stadtduma unseren Standpunkt gegen Kadettengeneräle und die beleidigten Soz. Rev., beleidigt weil sie die Revolution bei Seite geschoben hat. verteidigen. Noch gestern war die Stimmung der Mehrheit der Stadtduma uns offensichtlich feindlich. Heute stellte es sich heraus, dass wir gesiegt haben und Sieg ist eine große Sache und heute schon erklärten die Vertreter der Stadtduma, dass sie gewillt sind unsere Regierung zu unterstützen und gemeinsam mit unseren Kommissaren zu arbeiten. Wir müssen jedoch folgendes feststellen: ganz sicher kann man nur auf die eigene Kräfte rechnen. Das bedeutet nicht, dass man auf die Hilfe solcher Verbündeten wie die Stadtverordneten verzichten soll, aber wir erleben jetzt eine große geschichtliche Umwälzung. Die Macht übergeht jetzt zu den Massen und die Massen sollen die Kraft ihrer Organisation zeigen. Diese Organisation besteht, denn wo sind die Pogrome des Pöbels mit deren Bild ums die Menschewiki und Soz. Rev. ängstigten? Wir werden beweisen, dass wir der grandiosen Aufgabe gewachsen sind, die wir auf unseren Rücken genommen haben. Wir werden sie bis zum Siege tragen.

1 Werderewski ist der Admiral, der sich in den Julilagen geweigert hat die Flotte als Instrument der Konterrevolution gebrauchen zu lassen, der damals verhaltet, später aber zum Marineminister ernannt wurde.

2 Die russische Flotte hat zwei Territorialorganisationen, die der Baltischen und der Schwarzmeerflotte. Diese beide Flottenorganisationen haben in Petrograd eine Zentralinstanz, den Zentroflot. Während aber die Organisationen der Baltischen Flotte, wie der Schwarzmeerflotte in den Massen fußend, ihre Stimmung widerspiegelnd, bolschewistisch gesinnt sind, ist der Zentroflot mehr den Schwankungen des intellektuellen Milieus Petrograds unterworfen. Aber die Haltung des Zentroflots ist von keiner praktischen Bedeutung für die Haltung der Baltischen und Schwarzmeerflotte.

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