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Außerordentlicher Allrussischer Kongress der Bauernräte

Der Außerordentliche Allrussische Kongress der Bauernräte wurde am 23. (10.) November 1917 in Petrograd eröffnet. An dem Kongress nahmen 330 Delegierte teil, darunter 195 linke Sozialrevolutionäre, 65 Vertreter der rechten Sozialrevolutionäre und des Zentrums, 37 Bolschewiki und 33 Sonstige. Der Kongress wurde anfänglich vom 1. Exekutivkomitee der Allrussischen Bauernräte auf den 3. Oktober (20. September) festgesetzt, aber dann auf den 2. November (20. Oktober) und schließlich auf den 23. (10.) November verschoben. Da das Exekutivkomitee wusste, dass die Mehrheit der Bauerndelegierten auf Seiten der Sowjetmacht steht, so versuchte es, den Zusammentritt des Kongresses unmöglich zu machen und fasste anfangs November abermals einen Beschluss über die Aufschiebung des Kongresses auf den 13. Dezember (30. November) 1917.

Um diese Versuche der rechten Sozialrevolutionäre zu durchkreuzen, fasste das Allrussische Zentralexekutivkomitee in seiner ersten Sitzung am 9. November (27. Oktober) den Beschluss, die Initiative zur Einberufung des Kongresses zu übernehmen und bildete zu diesem Zweck eine spezielle Kommission, die die ganze Vorbereitungsarbeit durchführte. Das alte Exekutivkomitee aber forderte gleichzeitig die Bauernräte auf, keine Delegierten zum Kongress zu schicken, „um die Kräfte in der Provinz, die mit der Vorbereitung zu den Konstituantewahlen beschäftigt sind, nicht abzulenken". Bereits am Vorabend der Eröffnung des Kongresses machte das Allrussische Exekutivkomitee der Bauernräte noch einen Versuch, den Kongress zu sprengen, und schlug den eingetroffenen Delegierten vor, nach Mohilew zu fahren, wo sich die Leiter des Exekutivkomitees N. Awksentjew und W. Tschernow befanden. Dieser Beschluss wurde damit begründet, dass „die Bolschewiki in Petrograd sofort die Führer des Bauernrats, Tschernow und Awksentjew, verhaften werden".

Der Kongress ging sehr stürmisch vor sich. Der Kampf gegen die rechten Sozialrevolutionäre auf dem Kongress wurde durch die schwankende Haltung der linken Sozialrevolutionäre sehr kompliziert; die linken Sozialrevolutionäre versuchten die Einheit der Partei der Sozialrevolutionäre zu erhalten, und beschlossen erst unter dem Druck der Bolschewiki, den Kampf gegen die Rechten aufzunehmen. So z. B. beschloss die Mehrheit der linken Sozialrevolutionäre erst unter dem Druck der Bolschewiki, dem 1. Zentralexekutivkomitee der Bauernräte, das sich aus rechten Sozialrevolutionären zusammensetzte, das Stimmrecht zu entziehen, aber nachdem die rechten Sozialrevolutionäre demonstrativ den Kongress verlassen hatten, wurde diesem Zentralexekutivkomitee abermals das Stimmrecht zugebilligt. Die Rechten verließen trotzdem nach einigen Tagen den Kongress. Die Mehrheit des Kongresses lehnte es ab, einen Bericht des Rates der Volkskommissare anzuhören. „Wenn wir“ – erklärte A. Kolegajew –den Volkskommissaren das Wort erteilen, so werden wir damit von vornherein die Frage der Bildung einer Regierung entscheiden.“ Lenin konnte deshalb auf dem Kongress nicht im Namen des Rates der Volkskommissare auftreten, sondern als Mitglied des Kongresses, das vom ZK der Partei der Bolschewiki delegiert worden war. Nach dem Referat Lenins am 27. (14.) November sprach sich die Mehrheit des Kongresses für die Teilnahme an der Regierung der Volkskommissare und für die Zusammenarbeit mit den Bolschewiki aus. Am Tage darauf, am 28. (15.) November, begab sich der Kongress in seiner Gesamtheit nach dem Smolny, in dem eine Sitzung des Allrussischen Zentralexekutivkomitees stattfand, und vereinigte sich mit dem Allrussischen Zentralexekutivkomitee.

Die Hauptfrage auf dem Kongress war die Frage der Zusammensetzung der Sowjetregierung. Anfänglich verteidigten die linken Sozialrevolutionäre ihren alten Vorschlag der Bildung einer „einheitlichen sozialistischen Regierung“ und brachten auf dem Kongress eine entsprechende Resolution zur Annahme: „Das Exekutivkomitee der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte bildet eine Regierung aus Vertretern aller sozialistischen Parteien, von den Volkssozialisten bis zu den Bolschewiki einschließlich.“ Aber nachdem über die Frage der Regierungsbildung zwischen den Bolschewiki und den linken Sozialrevolutionären ein Abkommen erzielt worden war, nahm der Kongress auf Grund der zweiten Rede Lenins über die Bedingungen eines Abkommens einstimmig eine Resolution an, die die Politik des Rates der Volkskommissare und die Bedingungen des Abkommens guthieß.

In den darauffolgenden Sitzungen des Kongresses wurden Fragen von geringerer Bedeutung beraten. Der Kongress dauerte bis Ende November, wo er sich mit dem II, Allrussischen Kongress der Bauernräte verschmolz. [Band 22]

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