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bäuerliche Dorfgemeinschaft

Als festeste Stütze des Widerstandes gegen das Wachstum und die Entwicklung des Kapitalismus in Russland betrachteten die Narodniki die bäuerliche Dorfgemeinschaft mit ihrer patriarchalischen Naturalwirtschaft, in der es angeblich keine Lohnarbeit und kein Privateigentum an Grund und Boden gebe. Diese bäuerliche Dorfgemeinschaft (russisch: „Obschtschina“, im Westen auch seit längerer Zeit unter der russischen Bezeichnung „Mir“ bekannt.) galt als ein Überrest der alten Markgenossenschaft (wie der Ausdruck aus der deutschen Geschichte lautet), die in der Entwicklung des Ackerbaues bei allen Völkern dem Privateigentum an Grund und Boden voranging. Die Ergebnisse der neueren Forschung lassen aber diesen „Überrest“-Charakter der russischen Dorfgemeinschaft zurücktreten und zeigen, dass sie vielmehr schon von den Fronherren in der ersten Zeit der Leibeigenschaft als ein Organ der Knechtung der Bauern diesen aufgezwungen wurde. Jedenfalls hat sich in Russland diese Form des bäuerlichen Grundeigentums, bei welcher die einzelnen Mitglieder der Dorfgemeinschaft von dieser ihren Anteil zugewiesen erhielten und mit ihm an die Dorfgemeinschaft gebunden waren, nicht nur infolge der Rückständigkeit der russischen Landwirtschaft, sondern auch deshalb solange erhalten, weil die Gutsbesitzer und später der Zarismus diese Dorfgemeinschaft auf Grund der Solidarhaft als ein Organ zur Erpressung und Eintreibung der von den Bauern verlangten Leistungen (Pflichtdienste und Abgaben) benützten. So wurde die Dorfgemeinschaft zu einem Unterdrückungsorgan und zu einer Fessel für die Bauern. Ihre Zersetzung begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eben mit der Entwicklung des Kapitalismus in der russischen Landwirtschaft. Man vergleiche die Erwähnung dieser russischen Dorfgemeinschaft in der Vorrede von Engels zum „Kommunistischen Manifest“. In der Literatur der Narodniki spielte die Dorfgemeinschaft eine große Rolle als hauptsächlicher „Widerpart“ gegen den Kapitalismus. Lenin enthüllt die wirkliche Rolle dieser Dorfgemeinschaft als eines der schädlichsten Überreste der alten Fronherrschaft; sie erhalte die Bauern in der Abhängigkeit von den Grundherren und dem absolutistischen Staate der Grundherren und hemme wie alle anderen Überreste der Fronherrschaft die Entwicklung des Kapitalismus, ohne sie aufhalten zu können.

Mit der ganzen Zusammenfassung der Bauernschaft — wenigstens ihres größten Teiles — in der Dorfgemeinschaft und als besonderer Stand im Rahmen des ganzen Ständesystems hängen auch andere besondere Bezeichnungen zusammen. So die Bezeichnung „Gemeinschaftsbauern“ für jene, die eben der Dorfgemeinschaft angehören. Denn außer ihnen gab es auch „Eigenbauern“, die nicht der Dorfgemeinschaft angehörten, sondern auf eigenem, ihnen als Privateigentum gehörenden Grund und Boden saßen. Durch die Stolypinsche Agrarreform wurde das Ausscheiden von Bauern aus der Dorfgemeinschaft bedeutend erleichtert. — Da die Bauern ein besonderer Stand waren, blieben sie es im ständischen Sinne auch dann, wenn sie gar keine Landwirtschaft mehr betrieben. Deshalb wird oft von „Ackerbautreibenden Bauern“ gesprochen, das sind also solche, die dem Bauernstande nicht nur angehören, sondern auch in ihrem Beruf Landwirte sind. [Ausgewählte Werke, Band 1]

Als festeste Stütze des Widerstandes gegen das Wachstum und die Entwicklung des Kapitalismus in Russland betrachteten die Narodniki die bäuerliche Dorfgemeinschaft mit ihrer patriarchalischen Naturalwirtschaft, in der es angeblich keine Lohnarbeit und kein Privateigentum an Grund und Boden geben sollte. Diese bäuerliche Dorfgemeinschaft (russisch: „Obschtschina“ oder „Mir“) wurde früher als ein Überrest der alten Markgenossenschaft betrachtet, wie der Ausdruck aus der deutschen Geschichte lautet, die in der Entwicklung des Ackerbaues als eine Art Urkommunismus dem Privateigentum an Grund und Boden voranging. Die neueren Forschungen aber haben ergeben, dass es sich bei der Dorfgemeinschaft, in welcher die einzelnen Mitglieder ihren Bodenanteil zugewiesen erhielten und mit ihm an die Dorfgemeinschaft gebunden waren, nicht um die Erhaltung jener urkommunistischen Form, sondern um eine spätere Einrichtung handelt, die von den Gutsbesitzern und später vom Zarismus geschaffen wurde, um ein Organ der Solidarhaft, ein Organ zur Erpressung und Eintreibung der von den Bauern verlangten Leistungen (Pflichtdienste und Abgaben) zu haben. So wurde die Dorfgemeinschaft zu einem Unterdrückungsorgan und zu einer Fessel für die Bauern. Ihre Zersetzung begann in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, eben mit der Entwicklung des Kapitalismus in der russischen Landwirtschaft. Lenin enthüllte in mehreren seiner Schriften die wirkliche Rolle dieser Dorfgemeinschaft als eines der schädlichsten Überreste der alten Fronherrschaft, welche die Bauern in der Abhängigkeit von den Grundherren und dem absolutistischen Staate der Grundherren erhält und die wie alle anderen Überreste der Fronherrschaft die Entwicklung des Kapitalismus zwar hemmt, aber nicht aufhält. [Ausgewählte Werke, Band 2]

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