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Londoner Konferenz

Die Londoner Konferenz fand am 1./14. Februar 1915 auf Initiative Vanderveldes statt. Doch wurden die Einladungen an die beteiligten Organisationen im Namen der Independent Labour Party verschickt. Die ILP bestand anfänglich auf die Einladung deutscher und österreichischer Delegierter, aber die Franzosen lehnten die Beteiligung an einer solchen Konferenz kategorisch ab. Auf der Tagesordnung standen drei Punkte: 1. die Rechte der Nationen, 2. die Kolonien, 3. Garantien des künftigen Friedens. Der Konferenz wohnten Sozialisten der Entente-Länder bei: aus England die Vertreter der ILP. – Keir Hardie, MacDonald u. a., ferner Vertreter der British Socialist Party, der Labour Party und der Fabian Society (Fabier-Gesellschaft); aus Frankreich M. Sembat, J. Longuet, Vaillant, Compère-Morel, A. Thomas als Vertreter der französischen sozialistischen Partei und Jouhaux von der CGT.; aus Belgien E. Vandervelde u. a.; von den Sozialrevolutionären Tschernow, Bobrow (Natanson) und Rubanowitsch. Die Vertreter des Organisationskomitees der Menschewiki sowie der polnischen Sozialisten (L. Martow und Łapiński) konnten nicht zur Konferenz erscheinen, da ihnen die Pässe verweigert wurden. Eine Deklaration des OK wurde der Konferenz durch Maiski vorgelegt. Der Vertreter der Bolschewiki, Maximowitsch (M. Litwinow), war vom Internationalen Sozialistischen Büro offiziell nicht zur Konferenz geladen.

Auf der Konferenz versuchte Litwinow eine Deklaration zu verlesen, wurde aber vom Vorsitzenden mit der Erklärung unterbrochen, die Konferenz habe sich nicht versammelt, um einzelne Parteien zu kritisieren. Litwinow verließ darauf die Konferenz. Der Vertreter der lettischen Sozialdemokratie, Bersin, schloss sich der Deklaration des ZK der SDAPR an. Kurz vor der Konferenz hatte die Redaktion des Blattes „Nasche Slowo“ einen Brief an Lenin und Axelrod gerichtet mit dem Vorschlag gemeinsamen Auftretens der internationalistischen Elemente der SDAPR. auf der Konferenz. Lenin hatte diesen Vorschlag mit der Übersendung eines Deklarationsentwurfs (später durch Litwinow der Konferenz vorgelegt) beantwortet, dessen Annahme er zur Vorbedingung gemeinsamen Vorgehens machte (siehe „Nasche Slowo“ Nr. 32 vom 6. März 1915, Notiz „zur Einheit der Aktionen“).

Der politische Sinn der Londoner Konferenz bestand darin, dass die Sozialisten der Triple-Entente, speziell die englische Unabhängige Arbeiterpartei, zu einer Entschließung zugunsten des Kriegs bewogen werden sollten; dies gelang auch, da in den Resolutionen der Konferenz der Krieg gegen Deutschland für einen „Freiheitskrieg“ erklärt wurde. Trotzdem das Ergebnis der Konferenz ein für die Bourgeoisie offensichtlich günstiges war, eröffnete die französische bürgerliche Presse eine erbitterte Kampagne gegen die „sozialistischen“ französischen Minister Guesde und Sembat wegen der Unterzeichnung einer Resolution, in der von der „Verantwortlichkeit aller Regierungen für den Krieg“ die Rede war und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen anerkannt wurde. In der Kammer erklärte Viviani im Namen der Regierung unter stillschweigendem Einverständnis von J. Guesde und M. Sembat, dass „die Verantwortung für den Krieg auf die Feinde der Triple-Entente falle“ und dass Elsass-Lothringen „wieder zu Frankreich gehören müsse“. J. Guesde und M. Sembat blieben in der Regierung. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 18, Anm. 91]

An der Londoner Konferenz, die im Februar 1915 stattfand, nahmen nur die Sozialisten der Entente (England, Frankreich, Belgien und Russland) teil (von Russland die Sozialrevolutionäre; der Vertreter der Bolschewiki, Litwinow, verließ die Konferenz gleich nach der Eröffnung, da der Vorsitzende ihm nicht gestattete, eine Erklärung des Zentralkomitees abzugeben). Der Zweck der Konferenz war die Organisierung einer Einheitsfront der Ententesozialisten zur Unterstützung der Ententeinteressen. Auf der Konferenz wurde der Krieg der Entente gegen Deutschland zu einem „Befreiungskrieg“ erklärt. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm. 74]

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