Glossar‎ > ‎

Plechanow zur 1. und 2. Duma

Der von Lenin zitierte Salz G. V. Plechanows ist dem ersten „Brief über Taktik und Taktlosigkeit“ entnommen, veröffentlicht in den Nummern 4 und 5 vom 20. Mai/2. Juni und 21. Mai/ 3. Juni der menschewistischen Tageszeitung „Kurjer“, die in Petersburg vom 17./30. Mai bis 13./20.? Juli 1906 erschien. Die „Briefe“ sind der Klärung der proletarischen Taktik gegenüber der Reichsduma gewidmet, wobei sich ihr ganzer Inhalt auf einen Gedanken aus dem Vorwort Plechanows zu diesen Briefen reduzieren lässt, dessen rücksichtslose Gradlinigkeit sogar die Menschewiki von ihm abstieß. Plechanow ging im Aufruf zum Schutz der Duma bis zu den Ansichten der Kadetten. „Unsere Regierung“, schrieb er, „die die Pogrome der Schwarzen Hundert organisiert und jede Bekundung eines freien Gedanken unterdrückt, verhindert auch die schärfste Kritik der Reichsduma nicht. Warum tut sie das wohl?“ – so fragt Plechanow die Arbeiter im Vorwort zu seiner Broschüre. Und er setzt fort: „Herr Goremykin hasst die Duma nicht deshalb, weil in ihr die Bourgeoisie vorherrscht, sondern weil die in ihr vorherrschende Bourgeoisie Freiheit für alle und Land für die Bauern fordert. Nicht gegen die Bourgeoisie richtet sich die Weigerung des Herrn Goremykin, sondern gegen das gesamte Volk. Und das gesamte Volk muss Herrn Goremykin zwingen, diese Ablehnung (der Amnestie und der Lösung der Agrarfrage. D. Red.) zu bedauern; das gesamte Volk muss einmütig die Duma unterstützen.“ Lenin beantwortete diese „Briefe“ Plechanows mit einem besonderen Artikel „Wie urteilt Plechanow über die Taktik der Sozialdemokratie?“, auf den er auch hier verweist, wenn er von den gegen Plechanow „bereits damals gesagten Worten“ spricht. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 3, Anm. 122]

Von Beginn des Jahres 1906 an trat Plechanow gegen den Boykott der ersten Reichsduma auf. Tatsächlich bedeutete die Stellung Plechanows eine Aufforderung zu „nüchterner und sachlicher Arbeit in der Duma“ bei Zusammenarbeit mit den Liberalen. Auf dem Vereinigungsparteitage der SDAPR 1906 vertrat Plechanow den Gedanken, dass die Reichsduma „an der Hauptstraße der Revolution stellt“, und dass die Zusammenstöße der Duma mit der Regierung die Reichsduma zwingen werden, eine Stütze in den breiten Massen zu suchen und sich damit aus einem Werkzeug der Konterrevolution in ein Werkzeug der Revolution zu verwandeln. Bei den Wahlen in die 2. Reichsduma bestand er auf der Notwendigkeit, die Kandidaten der Kadetten überall dort zu unterstützen, wo keine Hoffnung besteht, einen sozialdemokratischen Kandidaten durchzubringen. Plechanow kämpfte gegen die revolutionären Losungen der Bolschewiki und hielt die Unterstützung der Losung der Kadetten: „Ein verantwortliches Ministerium“ (d. h. ein der Duma verantwortliches Kadettenministerium) für notwendig. Andererseits gab es bei Plechanow einen Augenblick, wo er die Idee des „Manövrierens mit den Kadetten“ aufgab und sich der revolutionären Taktik näherte: nach der Auflösung der 1. Duma im August 1906. Plechanow gab die Nummer 6 seines „Tagebuchs“ heraus mit dem Artikel „Gemeinsame Leiden“, in welchem er schrieb, dass die Losung des Augenblicks nur die Einberufung der konstituierenden Versammlung sein könne. Diesmal passte Plechanow die Losung der Sozialdemokratie nicht denen der Kadetten au, sondern er kritisierte die Halbheit der Kadetten und stellte ihnen die „werktätige“ Bauernschaft gegenüber. Aber bei der Anführung der Losung der konstituierenden Versammlung zeigte sich Plechanow nicht imstande, jene Kampfmittel konsequent zu bezeichnen, die allein den Erfolg dieser Losung sichern konnten: Kampfbündnis der Partei des Proletariats mit den Parteien der revolutionären Demokratie, allgemeiner Volksaufstand, provisorische revolutionäre Regierung usw. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 45]

Kommentare