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Bruno 19371200 Die illegale Arbeiterbewegung Österreichs

Bruno: Die illegale Arbeiterbewegung Österreichs

[Nach Der einzige Weg, Zeitschrift für die Vierte Internationale, Nr. 1 (Dezember 1937), S. 21-24]

Das österreichische Proletariat war nicht gespalten, sondern stand einig und geschlossen hinter der Sozialdemokratie. Einig und geschlossen, vom «Unglück der Spaltung» bewahrt, marschierte das von Otto Bauer geführte österreichische Proletariat, das Proletariat des «roten Wiens», in das die Reformisten aller Länder pilgerten, in den Abgrund des Faschismus. Die stalinistischen Volksfrontapostel, die überall dort, wo ihre Politik den Faschismus noch nicht zur Macht gebracht hat, das Hohelied der Einheit singen, durch die die Arbeiterklasse alles erreichen könne, hüten sich wohl an das Beispiel Österreichs zu erinnern. Die Niederlage des österreichischen Proletariats beweist, dass ein einiges, aber unter Führung einer reformistischen Partei stehendes Proletariat ebenso unterliegen muss wie ein gespaltenes.

Rufen wir uns für einen Augenblick das Drama des Februars 1934 in Erinnerung: die halb faschistische Dollfussregierung führt – ermuntert durch den faschistischen Sieg im benachbarten Deutschland – einen Schlag nach dem anderen gegen die Arbeiter. Das Parlament wird ausgeschaltet; mit Notverordnungen, die für den Kriegsfall bestimmt sind, wird regiert. Der republikanische Schutzbund (die Wehrorganisation der Sozialdemokratie) wird aufgelöst, in den Arbeiterheimen werden Waffen gesucht und gefunden; die Eisenbahner, die Arbeiter der staatlichen und der Staatsaufträge erhaltenden Betriebe werden gezwungen der faschistischen «Vaterländischen Front» beizutreten – gleichzeitig spazieren die Heimwehrleute und Sturmscharfaschisten frech auf den Straßen herum, überfallen mit Hilfe der Polizei Arbeiter und tragen offen ihre Waffen zur Schau. Der Presse wird ein engmaschiger, «Vorzensur» genannter Maulkorb umgehängt, alle nichtfaschistischen Versammlungen werden verboten, faschistische unter Polizeischutz in den Arbeitervierteln durchgeführt. Aus Deutschland kommen Berichte über das Wüten der Nazi-Bestien, über die grauenvollen Folgen der proletarischen Niederlage. Eine mächtige Bewegung geht durch die österreichischen, vor allem durch die Wiener Arbeiter. Es ist eine, von den austromarxistischen Bankrotteuren nach der Niederlage erfundene Lüge, dass die österreichischen Arbeiter durch die deutsche Niederlage entmutigt wurden. Wohl bekamen viele sozialdemokratische Kleinbürger und Bürokraten Angst und steckten sich rasch das rotweißrote Faschistenbändchen an, doch die Mehrheit der Arbeiter stand – unzählige Belegschaftsversammlungen bewiesen dies – auf folgendem Standpunkt: Deutschland lehrt uns, dass wir Opfer bringen, dass wir bluten müssen. Wir wollen lieber im Kampfe gegen den faschistischen Feind bluten, als unter seinen Stiefeln stöhnen, als in seinen Kerkern und Konzentrationslagern schmachten. Am Tage des Schutzbundverbotes füllten hunderttausende kampfwillige, zum Äußersten entschlossene Arbeiter die Straßen Wiens und der Größeren Provinzstädte. Die Polizei wagte es nicht, gegen die vor Erregung kochenden Massen einzuschreiten. Die sozialdemokratischen Führer wagten es. Ihnen gelang es die Arbeiter vom Kampf zurückzuhalten. Als die Eisenbahner gezwungen wurden, der «Vaterländischen Front» beizutreten, forderten sie von ihrer Freien Gewerkschaft die Ausgabe der Streikparole. Die Gewerkschaft gab nicht nur nicht die Streikparole aus, sondern sie forderte die Eisenbahner auf, der «Vaterländischen Front» beizutreten … Am 12. Februar brach der bewaffnete Kampf gegen den Willen der Sozialdemokratischen Partei und Gewerkschaftsführung aus. Während die Führer der Sozialdemokratie mit Dollfuss verhandelten, ihm die Eingliederung der Gewerkschaften in das «Ständesystem» vorschlugen, griffen die Schutzbündler zu den Waffen. Die Mehrheit der Arbeiter kämpfte nicht, in vielen Betrieben wurde die Arbeit nicht eingestellt; die Eisenbahnzüge verkehrten, Waffen für die Regierung transportierend. Warum tat die Mehrheit der Arbeiter nicht mit, warum funktionierte der Generalstreik nicht? Die beste Antwort auf diese Frage gibt uns eine wörtlich zitierte Stelle aus dem Brief eines Wiener Betriebsrates, der knapp nach den Kämpfen geschrieben wurde:

«Warum es mir nicht gelang, die Kollegen für den Streik zu gewinnen? Ich habe ja alles versucht, aber die Kollegen haben mir immer gesagt: die Partei und die Gewerkschaft werden doch – wie immer – dagegen sein. Die meisten Betriebe werden nicht streiken und wir werden wenn wir streiken, die Arbeit verlieren, ohne etwas erreicht zu haben.»

Das österreichische Proletariat ist wohl, gleich dem deutschen, besiegt worden, doch sank es nicht wie dieses widerstandslos zu Boden, sondern eine heroische Minderheit kämpfte bis zum bitteren Ende. Auch der Sieger sah (und sieht) in Österreich wesentlich anders aus als in Deutschland: die österreichische Diktaturregierung stützte sich niemals auf breite Massen, sondern vor allem auf den staatlichen Machtapparat. Die schwächliche, zwischen den imperialistischen Mächtegruppierungen ängstlich lavierende österreichische Bourgeoisie vermochte niemals breite Massen für ihre außenpolitischen Ziele zu begeistern. Während der deutsche Nationalsozialismus, das Kind des erstarkenden, expansionslüsternen deutschen Imperialismus, die Zerreißung der Versailler Ketten auf seine Fahne schrieb, musste sich das «erwachende» Österreich damit begnügen, die Erhaltung dieses lebensunfähigen Zwergstaates und seiner sagenhaften «Unabhängigkeit» als sein hehrstes Ziel zu bezeichnen. – Es wird die Aufgabe einer anderen Arbeit über Österreich sein, die Besonderheit der österreichischen Bourgeoisie, ihr Verhältnis zu Deutschland, ihre außenpolitischen Perspektiven usw. zu behandeln. – Die große Mehrheit der österreichischen Bevölkerung will von der Hitlerregierung nichts wissen und steht dem «vaterländischen» Patriotismus ablehnend, meist über ihn höhnend und lachend, gegenüber. Ein großer Teil des Kleinbürgertums und der Bauernschaft steht im Lager des illegalen Nationalsozialismus (über den im anderen Artikel noch viel zu sagen sein wird) beträchtliche Teile der Bürokratie kokettieren mit diesem. Die Arbeiter, von denen nur eine kleine Minderheit im illegalen Kampf steht, fühlen in ihrer großen Mehrheit «rot», d.h. sie stehen dem Regime unversöhnlich gegenüber und wollen auch vom Nationalsozialismus nichts wissen. Täglich werden von den Polizei- und Justizrichtern der Diktatur illegale proletarische Kämpfer zu hohen Strafen verurteilt, unermüdlich arbeitet die Terrormaschinerie der politischen Polizei. Warum – diese Frage drängt sich jedem auf, der sich nur flüchtig mit österreichischen Verhältnissen beschäftigt – gelingt es nicht dem österreichischen Proletariat, das in seiner großen Mehrheit vom Faschismus nicht infiziert wurde, die schwächliche, über eine außerordentlich schmale Massenbasis verfügende Bourgeoisie zu irgendwelchen bedeutsamen Konzessionen zu zwingen? Freilich ist die Entwicklung in dem Zwergstaat Österreich mehr als in irgendeinem anderen Lande von den internationalen Ereignissen abhängig. Doch wir fragen ja nicht, warum die Diktatur noch nicht gestürzt wurde, sondern unsere Frage lautet: warum zeitigt der illegale Heldenkampf des österreichischen Proletariates keine nennenswerten Erfolge? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns die illegalen Arbeiterorganisationen Österreichs näher betrachten.

1. Die Kommunistische Partei.

Vor dem Februar 1934 war die KPÖ eine winzige, völlig unbedeutende Sekte. Von ihrer Existenz erfuhr der Großteil der Bevölkerung nur durch die Polizei: in gewissen Zeitabständen brachten die Zeitungen eine Notiz, die besagte, eine Versammlung der KPÖ sei verboten oder ein von ihr herausgebrachtes Flugblatt beschlagnahmt. – Im Februar 1934 zerschossen die Kanonen der kleriko-faschistischen Staatsgewalt nicht nur die von der sozialdemokratischen Wiener Gemeindeverwaltung erbauten Häuser, sondern auch viele sozialdemokratische Illusionen. Nach der Niederlage zog sich ein Teil des Proletariats enttäuscht und verbittert zurück, während andere Schichten erklärten: Jetzt erst recht! Die sogenannte Periode der «Massenillegalität», eine der ruhmreichsten Perioden in der Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung, setzte ein: illegale Gruppen durchzogen den Wienerwald, Demonstrationen veranstaltend, Konferenzen abhaltend; die Straßen aller Größeren Städte waren mit illegalen Streuzetteln bedeckt, auf den Fabrikschornsteinen und Leitungsdrähten prangten illegale Transparente. Die erdrückende Mehrheit der illegalen Kämpfer ging zur KPÖ. Warum? Diese Partei wurde ihrer Kleinheit wegen von niemandem für die Niederlage verantwortlich gemacht. Die wenigsten Arbeiter wussten, welche Politik die KPÖ vor dem Februar gemacht hatte, sie fühlten nur unklar: die Kommunisten sind Leute, die in Russland die Revolution gemacht haben und die immer gesagt haben, dass die sozialdemokratische Politik zum Faschismus führen werde. So komisch es auch klingen mag, es ist doch eine Tatsache, dass die KPÖ nach dem Februar die wertvollsten proletarischen Elemente gewann, weil sie vor der Niederlage eine Sekte war, um deren Politik sich niemand kümmerte, die niemand für politische Ereignisse verantwortlich machte. Die meisten illegal tätigen Arbeiter waren sich nicht darüber klar, was eine Niederlage bedeutet und glaubten, ein zweiter bewaffneter Kampf stehe unmittelbar bevor. Der Faschismus erschien ihnen als eine unheimliche Episode, die nicht lange währen könne. Die KPÖ klärte die Massen (sie hatte damals trotz der Illegalität die Möglichkeit zu Massen zu sprechen) über die Tragweite der erlittenen Niederlage nicht auf, sie ließ – die ganzen illegalen Kader in den Kampf werfend, keine Reserven aufbewahrend – täglich Streu- und Sprechaktionen durchführen, lehnte jede Tätigkeit in den legalen Organisationen ab – kurz sie tat alles, um die trügerischen Illusionen der Massen zu nähren. Es dauerte nicht lange und diese Politik trug ihre Früchte: Massenverhaftungen lichteten die Reihen der Illegalen, Enttäuschung über das Ausbleiben der erwarteten Kämpfe erfasste die Übrigen. Die KPÖ änderte ihre Politik. Nicht die fürchterlichen Folgen des Abenteurerkurses, sondern aus Moskau eingelangte Befehle zwangen die KPÖ zu einer Drehung um 180 Grad. Der VII. Weltkongress der KI hatte getagt. Dieser verpflichtete die Sektionen der KI in die Lager aller Imperialismen überzulaufen, die mit der SU verbündet sind oder unter Umständen mit ihr sich verbünden könnten. Allen Parteien der KI wurde befohlen, unverzüglich mit dem demokratischen oder halb demokratischen Flügel des Klassenfeindes zusammenzuarbeiten, und diese Zusammenarbeit, die sich durch nichts von der alten sozialdemokratischen Koalitionspolitik unterscheidet, mit dem hübschen Namen «Volksfront» zu versehen. Die KPÖ – gestern noch jeden ein Zusammengehen mit der Sozialdemokratie gegen den Faschismus fordernden Vorschlag als «trotzkistisch» oder «faschistisch» bezeichnend – begann für eine Volksfront zu agitieren, die nicht nur die «Sozialfaschisten» sondern auch die Klerikalen erfassen soll. Wie tief die KPÖ gesunken ist, wie wohl sich ihre Bürokratie im Sumpf des Patriotismus fühlt, wie stolz sie darauf ist, reformistischer als die Sozialdemokratie zu sein – das mag Herr Koplenig, ihr Generalsekretär selbst schildern:

«Es ist weiters klar, dass die Losung «demokratische Republik» kein Manöver ist. (Sperrdruck im Original) Diese Losung zeigt die ganze strategische Orientierung der Partei in den Problemen der Gegenwart. Und deshalb bin ich dagegen, dass wir durch Rücksichten auf Propagandamaßnahmen diesen klaren Begriff verwässern sollen durch eine Losung z.B. wie: demokratische Volksrepublik. Volksrepublik kann ja auch ein Pseudonym für Diktatur des Proletariates sein.» (J. Koplenig: Für ein demokratisches Österreich! Verlag Kreibich, Prag).

Schrecklich: man stelle sich vor, die «kommunistische» Partei Österreichs würde von einer Volksrepublik als ihrem Ziele sprechen und irgend ein Spießer, der die letzten Jahre der politischen Entwicklung verschlafen hat, würde glauben, die KPÖ kämpfe für die Diktatur des Proletariats! Der «Kommunist» Johann Koplenig sieht voraus, dass die Losung «demokratische Republik» auf Widerstand stoßen wird. Er schreibt:

«Es ist weiters klar, dass wir bei dieser Losung (demokratische Republik) manche Schwierigkeiten auch unter alten Sozialdemokraten haben werden.» (S. 20).

Also: «alte Sozialdemokraten» werden die «kommunistische» Losung zu bürgerlich finden! Der Generalsekretär der KPÖ ist auf den Faschismus schlecht zu sprechen. Hören wir warum:

«die allgemeine Unruhe, die Unzufriedenheit in den breiten Massen der Bevölkerung war noch nie so groß wie heute. Der österreichische Faschismus hat die blutige Niederlage der Arbeiterklasse damit begründet, dass es notwendig sei, den Klassenkampf auszuschalten um das Volk zu einigen. In Wirklichkeit wurden durch seine Korruptionswirtschaft… die Kräfte des Volkes, die allein imstande sind, die Unabhängigkeit des Landes zu sichern, gespalten und zersplittert.» (S. 8. Sperrdruck im Original).

Darum: nieder mit dem Faschismus, der die Klassengegensätze nicht genügend verkleistert, hoch die demokratische Republik, die dies besser trifft! Herr Koplenig analysiert auch die spezifischen Besonderheiten des gegenwärtigen Kapitalismus. Er macht eine Entdeckung, von der kein Marx, kein Engels und kein Lenin etwas ahnten:

«Sehen wir denn nicht wie der Kapitalismus gerade bei der Jugend die Klassengrenzen immer mehr verschwinden macht und dadurch die günstigste Voraussetzung geschaffen wird, um nicht nur die Arbeiterjugend, sondern die gesamte Generation in einheitlicher Front zu vereinigen.» (S 29)

Da auch die faschistischen Organisationen der Ansicht sind, dass das ganze Volk geeinigt werden muss, ist Herr Koplenig dagegen, diese zu zersetzen und tritt für positive Arbeit in ihnen ein:

«wollen wir durch unsere Arbeit in den verschiedenen Massenorganisationen diese «zersetzen»? Eine solche Auffassung macht nicht nur für die Dauer jede ernsthafte Arbeit in diesen Organisationen unmöglich, sondern sie ist auch geeignet, den Geist der Spaltung und Zersetzung die Massen selbst zu tragen.» (S. 24).

So tief ist die KPÖ gesunken.

2. Die «revolutionären Sozialisten».

Nach der Februarniederlage ließ sich Herr Otto Bauer in Brünn nieder . Er begnügte sich nicht damit, aller Welt zu verkündet, dass die Niederlage nicht gekommen wäre, wenn –- ja wenn der Dollfuss sich, wie das die braven Sozialdemokraten immer getan haben, an die Buchstaben der Verfassung gehalten hätte, sondern er versuchte auch auf die österreichischen Arbeiter wieder Einfluss zu gewinnen. Herr Otto Bauer war klug genug zu wissen, dass kein österreichischer Arbeiter, der bereit ist, illegal zu kämpfen, von ihm geführt werden will. Er ließ von einigen seiner Wiener Freunde die Organisation der «R. S» gründen, die zwar zugibt, mit O. Bauer in Verbindung zu stehen, seine Literatur kolportiert, aber abstreitet unter seiner Führung zu stehen. Die RS-Organisation ist ein eigenartiges, verschwommenes Gebilde. Es kommt häufig vor, dass in den Zeitungen dieser Organisation marxist.-leninistische Ansichten über bestimmte Fragen vertreten werden. Z. B. heißt es im Diskussionsorgan der RS, in der «Debatte», dass das Proletariat eines kapitalistischen Landes dieses niemals verteidigen dürfe. Doch derselbe RS-ler, der die «Debatte» kolportiert, kolportiert auch Herrn Otto Bauers «Arbeiter-Zeitung», die den Arbeitern sagt, sie mögen «ihr» Land verteidigen, nur müsse die Bourgeoisie noch einige Konzessionen machen. In der RS-Organisation gibt es alle möglichen Schattierungen, nur eine Meinung trifft man in dieser Partei nicht an: die Erkenntnis, dass das Proletariat, um erfolgreich zu kämpfen, um siegen zu können, eine Partei braucht, die ein revolutionäres, festumrissenes Programm besitzt und in deren Reihen kein Platz für Opportunisten aller Gattungen ist. Häufig wundern sich nach Österreich kommende, mit den dortigen Verhältnissen nicht vertraute Leute über das große Maß an Meinungsfreiheit, das es in der RS-Organisation gibt. Woher rührt diese Toleranz der Bürokratie? Im Gegensatz zur KP, die durch die Vergangenheit nicht belastet und mit der Gloriole der russ. Revolution umgeben ist, hatte die RS-Organisation seit ihrer Gründung mit dem Misstrauen der Arbeiter zu kämpfen, die in ihr, trotz aller Ableugnungsversuche, eine Agentur Otto Bauers sahen. Es gab und gibt für die Bürokratie der RS nur eine Möglichkeit der stalinistischen Konkurrenz zu begegnen: sie stellt dem stalinistischen Kadavergehorsam Meinungsfreiheit und Diskussionsrecht gegenüber. Die Meinungsfreiheit in der RS-Organisation kann etwa folgendermaßen definiert werden: jeder hat das Recht zu sagen, dass Sozialpatriotismus Klassenverrat ist, doch keiner darf darauf hinweisen, dass sozialpatriotische Klassenverräter an der Spitze der eigenen Organisation stehen. Die von den RS vertriebene «Arbeiter-Zeitung» tritt nicht nur für die Verteidigung Österreichs ein, sondern sie nützt auch durch ihre außenpolitische Linie dem Regime. Unaufhörlich behauptet Otto Bauers Organ, Schuschnigg packle mit Berlin, während der Anschluss an die «Friedensfront» im Interesse der Arbeiterklasse läge. In der letzten Zeit können wir eine Annäherung Österreichs an die Kleine Entente, eine Abkühlung des Verhältnisses zu Berlin beobachten. Möglich, dass Schuschnigg morgen wieder mit Berlin liebäugelt, doch unmöglich ist eine Einschaltung Österreichs in die antideutsch-italienische Front durchaus nicht. Wenn Staaten wie Jugoslawien und Rumänien in den Reihen der «Demokratien» Platz haben, warum sollte Österreich eine Ausnahme sein?! Dürfen die Arbeiter gegen ein faschistisches, in der «Friedensfront» stehendes Österreich kämpfen, es schwächen? Die RS-Organisation vertritt die Interessen der deutschlandfeindlichen Imperialismen. Sie will auf die Bourgeoisie einen Druck ausüben, um sie zur Änderung der Außenpolitik zu bewegen. Natürlich hofft die Bürokratie, dass für sie einige Brocken abfallen werden.

Wir haben uns nur flüchtig mit der Entwicklung und der Politik der beiden großen illegalen Arbeiter-Organisationen befasst. Eines ist klar: dem tapferen, im Dunkel der Illegalität ringenden österreichischen Proletariat fehlt eine revolutionäre Partei.

Diese zu schaffen, ist die Aufgabe, die sich die revolutionären Kommunisten (RK) Österreichs gestellt haben. Die Entwicklung der Organisation der Anhänger der IV. Internationale in Österreich wird das Thema eines eigenen Artikels sein. Die RK Österreichs sind eine kleine, junge und schwache Organisation. Trotzdem gelang es ihnen, einen ganzen Bezirk des kommunistischen Jugendverbandes Wiens, Margareten, für sich zu gewinnen. Vor einiger Zeit standen mehrere RK vor dem faschistischen Klassengericht. Lachend gestanden sie die «Verbrechen», die Trotzkisten wirklich begehen. Genosse Georg Scheuer, der seit einem Jahr im Gefängnis sitzt, sagte vor Gericht u.a.:

«Wir Trotzkisten sind die einzigen, die auf dem Boden der Weltrevolution stehen. Unser Ziel ist die Zertrümmerung des bürgerlichen Staates, die Aufrichtung der Diktatur des Proletariates.»

Am Schluss seiner programmatischen Rede wies Gen. Scheuer auf den Wiener Textilarbeiterstreik hin und forderte das österreichische Proletariat auf, dem Beispiel der Textilproleten zu folgen.

In den Reihen der österreichischen Erbauer der Vierten Internationale gibt es noch manchen Scheuer…

Bruno. [=Josef Hindels?]

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