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Konterrevolution in Persien 1908

Die Politik Ljachows in Persien — d. h. die Politik des Zarismus, die auf die Unterdrückung jeder Volksbewegung im benachbarten Persien gerichtet war. Die erste russische Revolution von 1905 löste in Persien eine revolutionäre Massenbewegung aus, die dem Schah eine konstitutionelle Verfassung mit einem Parlament (Medschlis) abgezwungen hat. Der russische Oberst Ljachow , der die persische Kosakenbrigade, die von russischen Instrukteuren geleitet wurde, befehligte, jagte 1908 den Medschlis auseinander und half die revolutionäre Bewegung unterdrücken. Während des imperialistischen Krieges besetzte eine russische Division, unter dem Vorwand der Abwehr eines drohenden türkischen Überfalls, Nordpersien und verwüstete und plünderte das Land. Ljachow, der ein Kommando an der türkischen Front hatte, verübte gegen die Bevölkerung in dem von den zaristischen Truppen besetzten Teil Türkisch-Armeniens viele Gräueltaten. [Lenin, Sämtliche Werke, Band 20.2, Anm. 37]

Der gegenrevolutionäre Umsturz, von dem Lenin hier spricht, wurde von dem persischen Schah Mohammed-Ali Ende Juni 1908 in Teheran durchgeführt. Er war gegen den Medschilis, das Parlament, gerichtet, das als Ergebnis der Revolution von 1906 in Persien entstanden war. In seineM Klassencharakter war der Umsturz ein Sieg der Großgrundbesitzer und der Bürokratie über die revolutionären Schichten der Bevölkerung (die Handelsbourgeoisie, die Handwerker und die Intelligenz). Vollzogen wurde der Umsturz mit Hilfe einer russischen Kosakenbrigade unter dem Kommando des Obersten Ljachow, der in Teheran stand. Schah Mohammed-Ali erklärte noch im Frühjahr nach einem misslungenen Attentat gegen ihn den Kriegszustand in Teheran und stattete Ljachow mit diktatorischen Vollmachten aus. Ljachow bombardierte im Juli den Medschilis, jagte die Deputierten auseinander und ließ die gefährlichsten unter ihnen hängen. Daraufhin ernannte ihn der Schah zum Militärgouverneur von Teheran. England hielt sich scheinbar abseits von diesen Ereignissen, es rechnete damit, dass die Revolution durch die russische Reaktion niedergeworfen und England dann die Früchte dieses „Sieges“ ernten wird. Seine „freundschaftliche Neutralität“ gegenüber den. Reaktionären zeigte übrigens deutlich genug, auf wessen Seite es stand. Mit dem Auseinanderjagen des Medschilis war aber die Revolution in Persien noch nicht zu Ende. Der Kampf einzelner Provinzen für eine bürgerliche Verfassung zog sich bis zum Jahre 1911 hin. Die Stadt Täbris, von der Lenin hier spricht, war bis zum Frühjahr 1910 das Hauptzentrum dieses Kampfes. Gleich nach dem Umsturz in Teheran erklärte der Endschumen (ein gewähltes Komitee; in den Händen solcher Komitees befand sich seit 1906 die Macht in den Provinzen) den Schah Mohammed-Ali für abgesetzt und organisierte die Verteidigung der Stadt. Diese Verteidigung dauerte bis zum April 1910. Erst das russische Militär machte ihr ein Ende. Im April 1910 wurde das revolutionäre Täbris unter dem Vorwand des „Schutzes der russischen Untertanen“ von russischem Militär eingenommen. Lenin vergleicht den reaktionären Umsturz in Teheran mit dem Auseinanderjagen der ersten Reichsduma in Russland und den Abwehrkampf in Täbris mit dem Dezemberaufstand von 1905 in Moskau. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 129]

Unter der Verschärfung der mittelasiatischen Frage sind hier die Ereignisse in Persien gemeint, die im Frühjahr 1908 begannen. Im April 1908 führte der persische Schah mit Hilfe russischer Kosaken einen konterrevolutionären Umsturz durch. Dieser Umsturz rief in Persien einen Bürgerkrieg hervor, der das Schalten und Walten Englands und Russlands in Persien gefährdete. Dieser Umstand bewirkte wiederum gegenseitiges Misstrauen und Verdacht zwischen den englischen und den russischen Imperialisten. Jede der beiden Seiten befürchtete, es könnte der anderen gelingen, diese Ereignisse zur Verstärkung ihres Einflusses in Asien auszunutzen. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 145]

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