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Lenins und der Bolschewiki Kampf „gegen zwei Fronten"

In dem Kampfe Lenins und der Bolschewiki „gegen zwei Fronten" auf und nach der Konferenz vom Dezember 1908 müssen wir einen geschichtlichen Abschnitt jenes ständigen Kampfes „gegen die Feinde innerhalb der Arbeiterbewegung" erblicken, in welchem, wie Lenin sagt, der Bolschewismus aufwuchs, sich festigte und hart geschmiedet wurde, des Kampfes gegen den kleinbürgerlichen Opportunismus von rechts und gegen den ebenfalls kleinbürgerlichen Revolutionarismus von „links“. Das menschewistische Liquidatorentum mit seinem Kampfe gegen die illegale revolutionäre Partei des Proletariats, für eine legale „Arbeiter“-Partei der liberalen Reformen war nichts anderes als die direkte Fortsetzung und Weiterentwicklung der opportunistischen Linie des Menschewismus in der Revolution 1905-1907 unter den neuen Verhältnissen der Periode der Reaktion und des neuen Aufschwungs.

War die allgemeine politische Linie der Menschewiki in den Jahren 1905-1907 die Linie der Zusammenarbeit mit der liberalen Bourgeoisie bei Unterordnung der revolutionären Arbeiterbewegung unter dieselbe, so bekam diese Linie in der Gestalt des Liquidatorentums den Charakter der Unterordnung dieser Bewegung unter die Interessen der bereits vollzogenen Abmachung der liberalen Bourgeoisie mit dem Zarismus und der geringfügigen liberal-reformistischen Flickereien an dem nach der Niederlage der Revolution von 1905-1907 etablierten Regime. Der Otsowismus war nichts anderes als der Revolutionarismus des „wild gewordenen Kleinbürgers“, der nicht imstande ist, die Änderungen in den Kräfteverhältnissen der Klassen und in den Bedingungen ihres Kampfes zu verstehen und die Taktik dementsprechend zu ändern. Dieser kleinbürgerliche Revolutionarismus, der die Einschätzung der Kampfbedingungen durch die klingende revolutionäre Phrase ersetzt, war für den Otsowismus bezeichnend. Die Niederlage der Revolution von 1905-1907, die neuen Schritte des Absolutismus in der Richtung zur bürgerlichen Monarchie, die Verschiebungen in den Klassenverhältnissen, die in dem Kompromiss, in dem Bündnis des gutsherrlichen Absolutismus mit der Bourgeoisie, darunter auch mit der liberalen Bourgeoisie, zum Ausdruck kamen — das alles machte einen Rückzug der zerschlagenen revolutionären Armee notwendig. Die Bolschewiki führten diesen Rückzug in der Weise durch, dass die Möglichkeit einer neuen revolutionären Offensive offengehalten wurde und dieselbe vorbereitet werden konnte. Die Menschewiki zogen sich anstatt dessen in den Sumpf des liberalen Reformismus zurück. Die Otsowisten vollzogen keinen solchen Rückzug, aber sie machten auch den bolschewistischen Rückzug nicht mit. Da sie weder die geänderten Kampfbedingungen noch die Bedeutung dieser Änderung verstanden, die Notwendigkeit eines Rückzuges zwecks Vorbereitung einer neuen revolutionären Offensive leugneten und die Ausnutzung der legalen Einrichtungen und Organisationen für diesen Zweck ablehnten, verhinderten sie in Wirklichkeit ebenso wie die Menschewiki die Vorbereitung einer neuen Offensive und erschienen damit als ebensolche Liquidatoren, nur waren sie Liquidatoren von „links“, „umgestülpte“ Liquidatoren. Diese „linke“ otsowistische Gefahr erforderte um so mehr eine Bekämpfung, da sie in den Reihen der Bolschewiki selbst auftrat und die Bolschewiki, nur dadurch, dass sie sie beseitigten, die Hände frei bekommen konnten zum Kampfe gegen die rechte Gefahr, gegen die menschewistischen Liquidatoren. Die ganze Wichtigkeit des in der Periode der Reaktion geführten Kampfes gegen den Otsowismus hat Lenin (in der 1920 erschienenen Broschüre „Der Radikalismus, die Kinderkrankheit des Kommunismus“, Kapitel III) mit den folgenden Worten betont: „Von allen geschlagenen oppositionellen und revolutionären Parteien haben die Bolschewiki den Rückzug in der größten Ordnung angetreten, bei den geringsten Verlusten für ihre ,Armee', bei größter Erhaltung ihres Kerns, geringsten Spaltungen (ihrer Tiefe und Unheilbarkeit nach), geringster Demoralisation, größter Fähigkeit, die Arbeit in möglichst umfassender, richtiger und energischer Weise wieder aufzunehmen. Und erreicht haben das die Bolschewiki nur deshalb, weil sie erbarmungslos die Revolutionäre der Phrase entlarvten und fortjagten, die nicht begreifen wollten, dass man den Rückzug antreten, dass man verstehen muss, den Rückzug durchzuführen, dass man unbedingt lernen muss, in den reaktionärsten Parlamenten, den reaktionärsten Gewerkschafts-, Genossenschafts-, Versicherungs- und sonstigen Organisationen legal zu arbeiten“. [Ausgewählte Werke, Band 4]

Nichts hat …“ – sagt Lenin – „eine so lodernde, häufig geradezu komische Empörung erregt wie der Gedanke des ,Kampfes an zwei Fronten'. Schon seine bloße Erwähnung brachte sowohl die Leute vom ,Wperjod' als auch die Menschewiki aus dem Häuschen. Diese Empörung ist geschichtlich durchaus erklärlich, haben doch die Bolschewiki in der Tat vom August 1908 bis Januar 1910 den Kampf an zwei Fronten, das heißt den Kampf gegen die Liquidatoren und die Otsowisten geführt … Wenn einmal ,Abweichungen' zugegeben sind, wenn ihre ,Gefährlichkeit' zugegeben ist, wenn die Notwendigkeit anerkannt ist, für ,Aufklärung' über diese Gefährlichkeit zu sorgen, wenn zugegeben wird, dass diese Abweichungen ,eine Erscheinungsform des bürgerlichen Einflusses auf das Proletariat' sind, so ist damit im Grunde genommen gerade der Kampf an zwei Fronten anerkannt“.

Der Zweifrontenkampf wurde von den Bolschewiki ausnahmslos in allen Perioden der Parteigeschichte geführt. Der Bolschewismus legte in diesem Kampf stets ideologische Unversöhnlichkeit an den Tag, indem er das Versöhnlertum gegenüber den opportunistischen Abweichungen entschieden überwand. Das Versöhnlertum gegenüber den Abweichungen ist die feige Ausdrucksform opportunistischer Schwankungen. Es bedeutet die Unterschätzung oder sogar die direkte Verneinung der Notwendigkeit und Wichtigkeit des Kampfes gegen den Opportunismus, den Versuch, die opportunistischen Schwankungen zu vertuschen und zu bemänteln. [aus Ausgewählte Werke, Band 9, Anm. 41]

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