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Kampf gegen Zentrismus und Pazifismus in Zimmerwald

Die Hauptlosung des Zimmerwalder Manifests war die des Kampfes für den Frieden, aber vom revolutionären Charakter dieses Kampfes wurde in dem Manifest sehr dunkel gesprochen. Inzwischen hatten die Theoretiker (Kautsky) und die Praktiker (der Sekretär des Internationalen Sozialistischen Büros Huysmans) der II. Internationale begonnen, den „Kampf für den Frieden“ ohne Kampf für die Revolution und für den Sturz der Bourgeoisie zu verkünden. Ende 1915 und Anfang 1916 äußerte sich die Unzufriedenheit der breiten Volksmassen mit dem Kriege in einem elementaren Verlangen nach Frieden. Kautsky in seinen Artikeln und Huysmans in seinen Reden verkündeten die Notwendigkeit, auf die Regierungen der kriegführenden Länder einen Druck auszuüben, um sie zum Friedensschluss zu bewegen. Da die zentristische Mehrheit der Zimmerwalder Konferenz es abgelehnt hatte zu erklären, dass nur der Kampf für die proletarische Revolution ein wirklicher Kampf für den Frieden ist, verschwand nach diesen Artikeln Kautskys und nach den Reden Huysmans’ fast jeder Unterschied zwischen den Zentristen von Zimmerwald und denen, die dem ISB folgten. Dieser Umstand musste ausgenutzt werden, um die Zimmerwalder Zentristen zu entlarven und in allen Ländern den Bruch zwischen ihnen und den linken, revolutionären Sozialisten durchzuführen. Die Zimmerwalder Vereinigung konnte sich solange nicht zu einer neuen Internationale entwickeln, solange die Zentristen dieser Vereinigung ihre Linie vorschrieben. Die Zentristen aber mussten in der Zimmerwalder Vereinigung solange das Heft in den Händen haben, solange die linken Sozialisten in den westeuropäischen Parteien nicht Manns genug waren, mit den Zentristen offen zu brechen, und solange sie sich auf die Kritik ihrer Inkonsequenz und ihrer Schwankungen beschränkten. Die „Vorschläge des ZK der SDAPR an die zweite Sozialistische Konferenz“, die Lenin niederschrieb und die am Vorabend dieser Konferenz in Nummer 4 des Bulletins der Internationalen Sozialistischen Kommission und nach der Konferenz, im Juni 1916, im „Sozialdemokrat“ veröffentlicht wurden, waren gegen diese widernatürliche Gemeinschaft der Linken und der Zentristen gerichtet. Die Hauptidee dieser Vorschläge kann folgendermaßen formuliert werden: ohne Bruch mit den Sozialchauvinisten aller Schattierungen ohne ihre Entlarvung, ohne entschiedenen und konsequenten Kampf gegen sie kann es keine revolutionäre Politik geben, sondern nur eine Trübung der Erkenntnis der arbeitenden Masse und eine Hemmung des revolutionären Klassenkampfes. Auf diese Weise waren die „Vorschläge des ZK der SDAPR“ einerseits eine Plattform für den Kampf und für die Vereinigung der wirklich revolutionären Elemente auf der bevorstehenden zweiten Zimmerwalder Konferenz und anderseits eine Herausforderung der zentristischen Mehrheit der Zimmerwalder Vereinigung. Die Zentristen sollten gezwungen werden, sich zu entscheiden entweder für die von Kautsky verkündete Politik des „Drucks“ auf die Regierungen oder für die Politik des revolutionären Massenkampfes zum Sturze dieser Regierungen, für die Politik der proletarischen Revolution. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm. 72]

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