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Lenin gegen die Losung der „Entwaffnung“

Lenin meint hier seinen Artikel „Über die Losung der ,Entwaffnung'“, der in Nr. 2 des „Sbornik Sozialdemokrata“ abgedruckt war. Er setzte hier vor allem auseinander, es handele sich hier nicht um „die kautskyanische Predigt der ,Abrüstung', die ausgerechnet an die Adresse der jetzigen Regierungen der imperialistischen Großmächte gerichtet ist“, sondern um jene Propaganda, die von einem Teil der revolutionären Sozialdemokraten (darunter auch von der Zeitschrift „Jugend-Internationale“) betrieben werde, und zwar „zugunsten der Ersetzung des alten Punktes des sozialdemokratischen Minimalprogramms: ,Miliz' oder ,Volksbewaffnung' durch einen neuen: ,Entwaffnung',“ oder, mit anderen Worten, durch die Forderung der Abschaffung jedes Militärsystems. „Eines der Hauptargumente zugunsten der Entwaffnung ist der nicht immer direkt ausgesprochene Gedanke: wir sind gegen den Krieg, überhaupt gegen jeden Krieg, und der bestimmteste, klarste, unzweideutigste Ausdruck dieser unserer Ansicht ist eben die Forderung der Entwaffnung.“ Gegen solche Ansichten, die von ihren Anhängern für äußerst links und revolutionär gehalten werden, bringt Lenin die folgenden Haupteinwände vor: 1. „Sozialisten können nicht gegen jeden Krieg sein, ohne damit aufzuhören, Sozialisten zu sein. Man darf sich durch den jetzigen imperialistischen Krieg nicht blenden lassen. Für die imperialistische Epoche sind gerade solche Kriege zwischen ,Großmächten' typisch, aber auch demokratische Kriege und Aufstände, z. B. Kriege unterdrückter Nationen gegen ihre Unterdrücker, für ihre Befreiung von der Unterdrückung, sind keineswegs unmöglich. Unvermeidlich sind Bürgerkriege des Proletariats gegen die Bourgeoisie, für den Sozialismus. Möglich sind Kriege des in einem Lande siegreichen Sozialismus gegen andere, bürgerliche oder reaktionäre Länder. Die Entwaffnung ist das Ideal des Sozialismus. In der sozialistischen Gesellschaft wird es keine Kriege geben, folglich wird die Entwaffnung verwirklicht werden. Aber der ist kein Sozialist, der die Verwirklichung des Sozialismus ohne soziale Revolution und Diktatur des Proletariats erwartet. Diktatur ist Staatsmacht, die sich unmittelbarauf Gewalt stützt. Gewalt in der Epoche des 20. Jahrhunderts – wie überhaupt in der Epoche der Zivilisation – ist weder die Faust noch der Knüttel, sondern das Heer, Die ,Entwaffnung' in das Programm aufnehmen, hieße schlechthin sagen: wir sind gegen die Anwendung von Waffen. Darin ist genau so wenig Marxismus, als wenn wir sagen wollten: wir sind gegen die Gewaltanwendung!“ 2. „Die Bewaffnung der Bourgeoisie gegen das Proletariat ist eine der größten, kardinalsten, wichtigsten Tatsachen der heutigen kapitalistischen Gesellschaft. Und angesichts dieser Tatsache will man den revolutionären Sozialdemokraten zumuten, sie sollen die ,Forderung' der ,Entwaffnung' aufstellen! Das wäre eine vollständige Preisgabe des Klassenkampfstandpunktes und jedes Gedankens an die Revolution. Wir sagen: Bewaffnung des Proletariats zum Zwecke, die Bourgeoisie zu besiegen, zu expropriieren und zu entwaffnen … Nur nachdem das Proletariat die Bourgeoisie entwaffnet hat, kann es, ohne an seiner weltgeschichtlichen Aufgabe Verrat zu üben, die Waffen zum alten Eisen werfen, was es auch ganz sicher dann – aber nicht früher – tun wird.“ 3. Eine der wichtigsten Ursachen der Unrichtigkeit der Losung der „Entwaffnung“ sei die, dass sie den Kampf sowohl gegen den offenen als auch gegen den versteckten Opportunismus abschwäche und wirkungslos mache. Der Opportunismus „verschweigt“, „vertuscht“ den Zusammenhang zwischen Krieg und Revolution und alle konkreten Fragen dieser Revolution. Jene, welche die Losung der „Entwaffnung“ aufstellen, umgehen ebenfalls diese konkreten Fragen der Revolution und vor allem die mit dem Krieg verbundene Frage, dass die Waffen gegen die Bourgeoisie gerichtet werden müssen. „Oder sind etwa die Entwaffnungsanhänger für eine ganz neue Art entwaffneter Revolution?“ Lenin hält dafür, dass die Propaganda der Losung der „Entwaffnung“ den Verzicht auf die Propaganda der Bewaffnung des Proletariats gegen die Bourgeoisie bedeutet, und er sagt: „Wenn man nicht eine solche Propaganda und eben eine solche im Zusammenhang mit dem jetzigen Krieg treiben will, dann höre man gefälligst auf, große Worte von der internationalen revolutionären Sozialdemokratie, von der sozialen Revolution, von dem Krieg gegen den Krieg im Munde zu führen.“ Auf diese Weise werde diese scheinbar „linke“ Losung, so wie auch die anderen vom revolutionären Marxismus abweichenden Losungen zur „linken“ Phrase und zu einer Losung, die diese Art „Linken“ mit dem rechten Opportunismus zusammenbringe.

Ein zweiter Artikel über die Losung der Entwaffnung: „Das Militärprogramm der proletarischen Revolution“ erschien im Jahre 1917 in der „Jugend-Internationale“. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm. 80]

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