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nationale Befreiungskämpfe in den Kolonien 1908-1912

Die ersten drei Artikel des vorliegenden Abschnittes („Zündstoff in der Weltpolitik“, „Demokratie und Narodnikitum in China“ und „Das erneuerte China) sind dem nationalen Befreiungskämpfe in den Kolonien in der Periode von 1908–1912 gewidmet, d. h. in einer Periode, die ganz und gar zur Epoche des Imperialismus, und der imperialistischen, aus dem Imperialismus entstehenden Erschütterungen gehört. Es ist die Epoche, wo sich „die Bourgeoisie aus einer aufsteigenden, vorwärtsschreitenden Klasse in eine absteigende, verfallende, innerlich leblose, reaktionäre Klasse verwandelt“ (siehe den Artikel „Unter fremder Flagge“).

Die Epoche der bürgerlichen Revolutionen in den kapitalistischen Ländern, die gegen den Feudalismus gerichtet waren, war die Epoche, in der die Bourgeoisie nationale Kriege führte, Nationalstaaten errichtete. Jetzt habe sich die Sache geändert. Jetzt führe die reaktionäre Bourgeoisie der imperialistischen Länder schon keinen Kampf mehr gegen den Feudalismus, sie führe auch keine nationalen Kriege. Im Gegenteil, jetzt sei „ein solcher historischer Moment eingetreten, wo die herrschende Bourgeoisie aus Furcht vor dem wachsenden und erstarkenden Proletariat alles Rückständige, Absterbende, Mittelalterliche unterstützt. Die absterbende Bourgeoisie verbündet sich mit allen abgestorbenen und absterbenden Kräften, um die ins Wanken geratende Lohnsklaverei zu erhalten“ (siehe den Artikel „Das rückständige Europa und das fortgeschrittene Asien“). Aber wenn die imperialistische Bourgeoisie hoffnungslos reaktionär, eine absteigende Klasse geworden ist, so sei damit noch nicht gesagt, dass die Epoche, in der bürgerlich-demokratische und nationale Bewegungen möglich sind, schon überhaupt zu Ende sei. Diese Bewegungen seien möglich und nehmen auch heute ihren Platz ein, aber ihr Hauptschauplatz habe sich vom imperialistischen Europa nach den unterdrückten Ländern des Ostens verschoben. „Überall in Asien wächst, verbreitet sich und verstärkt sich eine mächtige demokratische Bewegung. Die Bourgeoisie geht dort noch mit dem Volke gegen die Reaktion. Hunderte Millionen Menschen erwachen zum Leben, zum Licht, zur Freiheit“ (ebenda). Das imperialistische Europa stehe nicht auf der Seile dieser Bewegung, sondern gegen sie, es verteidige seine räuberischen Interessen, es „hilft den Feinden der Demokratie“. Alle diese demokratischen Bewegungen in den Kolonialländern seien Bewegungen nicht nur gegen die eigene feudale Reaktion, sondern auch gegen den Imperialismus. Gegen den Imperialismus erheben sich zwei Feinde: das Proletariat der kapitalistischen Länder und die demokratischen Kräfte der unterdrückten Länder des Ostens. Die heranreifende russische Revolution besaß zwei Verbündete: den einen im Osten, den anderen im Westen. Die Leninsche Verfechtung der Forderung des nationalen Selbstbestimmungsrechts war eine Verfechtung des Bündnisses des Proletariats des Westens mit den demokratischen Bewegungen der Länder des Ostens. Der Kampf Lenins für das richtige Verstehen der Rolle dieser Bewegungen ist eines der Kettenglieder der Vorbereitung der sozialistischen Revolution in Europa, die „nichts anderes sein kann als ein Ausbruch des Massenkampfes jeglicher Unterdrückten und Unzufriedenen“ (siehe den Artikel „Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung“). [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 4, Anm. 128]

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