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Konvent

Der Nationalkonvent (vom 20. September 1792 bis 24. Oktober 1795) war der Reihenfolge nach die dritte Nationalversammlung Frankreichs in der Zeit der Großen Französischen Revolution und die erste, die auf Grund des allgemeinen Wahlrechts einberufen war. Der Konvent erklärte Frankreich zur Republik, verurteilte König Ludwig XVI. zum Tode, organisierte die Verteidigung des revolutionären Frankreichs gegen die äußeren und inneren Feinde der Revolution, und nachdem im Jahre 1793 die wirklich revolutionären Demokraten, die Jakobiner (mit Robespierre an der Spitze), zur Macht gekommen waren und die gemäßigten bürgerlichen Republikaner, die Girondisten, aus dem Konvent entfernt und zum Teil auf die Guillotine geschickt hatten, arbeitete der Konvent eine neue, demokratischere Verfassung aus, die die vollständige Abschaffung der feudalen Ordnung durchführte, setzte feste Preise für Brot und andere Gegenstände des Massenbedarfs fest, führte ein System des roten Terrors ein und unterdrückte die konterrevolutionären Aufstände innerhalb des Landes. Gemeinsam mit seinen Organen (den Wohlfahrts- und Sicherheitsausschüssen) stellte der Konvent die Stütze der revolutionären Regierung dar, die streng zentralisiert war und von der Partei der Jakobiner, der Vertreter der Interessen des Kleinbürgertums, geleitet wurde. Nach dem Sturz Robespierres und damit der kleinbürgerlichen Diktatur wurde der Nationalkonvent der Hort der bürgerlichen Reaktion, und im Oktober 1795 übergab er nach der Ausarbeitung einer neuen Verfassung die Macht an das bürgerliche Direktorium, eine Körperschaft aus fünf Mitgliedern, die zur Bekämpfung der revolutionären Gefahr geschaffen worden war und über viel Macht verfügte. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 6, Anm. 58]

Lenin meint hier den französischen Konvent zur Zeit der revolutionären Diktatur des Kleinbürgertums, die durch die Jakobiner ausgeübt wurde (vom Juni 1793 bis Juli 1794). Die Jakobiner merzten im Juni und Juli 1793 im Großen und Ganzen die Überreste des Feudalismus aus und genossen dabei die Unterstützung der breitesten Bauernmassen. Ihre weiteren „großzügigen Maßnahmen“ aber, zu denen der Konvent – wie Lenin sich hier ausdrückt – „ausholte“, fanden in den werktätigen Massen in Stadt und Land keine solche Stütze. Es waren dies einerseits Maßnahmen, die von der Notwendigkeit diktiert wurden, die Revolution gleichzeitig gegen den Ansturm der inneren Konterrevolution und den Angriff der monarchistischen Feudalstaaten Europas zu schützen. Hierher gehörten die Zentralisierung der Lebensmittel und des Ernährungswesens in den Händen des Staates, das Verbot des Handels auf dem Markt, die Sonderbesteuerung der Bourgeoisie usw. Anderseits waren dies Maßnahmen, die den unklaren kleinbürgerlichen Bestrebungen der Jakobiner entsprangen, die aus Frankreich eine „egalitäre Republik“, d. h. eine Republik „gleicher kleiner Eigentümer“, Privateigentümer des Grund und Bodens und der Produktionsmittel, machen wollten. Doch gab es unter den Maßnahmen der Jakobiner fast keine, die der armen Bevölkerung in Stadt und Land unmittelbar zugute gekommen wäre und diese in die Stütze verwandelt hätte, derer die Diktatur dringend bedurfte. Ja die Jakobiner, die Vertreter der Interessen des kleinbürgerlichen Eigentums, strebten gar nicht danach, in der armen Bevölkerung eine Stütze zu finden. Gleichzeitig stießen sie die Arbeiterklasse durch ihre arbeiterfeindliche Politik ab (Aufrechterhaltung des Gesetzes über das Streikverbot, Festsetzung eines Höchstlohnes, der für die Befriedigung selbst der dringendsten Bedürfnisse der Arbeiter nicht ausreichte, usw.). Die Folge davon war, dass die Jakobiner, die die städtische Groß- und Mittelbourgeoisie und die großbäuerlichen und wohlhabenden Schichten des flachen Landes durch ihre Maßnahmen gegen sich aufbrachten, aber auch bei den verarmten Bauernmassen und den werktätigen Massen in den Städten nicht die nötige Unterstützung fanden, bei der Durchführung ihrer wirklich revolutionären Maßnahmen schwankten und der Bourgeoisie und der Großbauernschaft Zugeständnisse machten (Milderung der Lebensmitteldiktatur, Hinaufsetzung der festen Preise usw.), was bei der armen Bevölkerung in den Städten und bei den Arbeitern eine noch größere Missstimmung auslöste. Angesichts einer solchen Lage, ohne eine wirkliche Stütze in den Massen konnte sich die revolutionäre Diktatur der Jakobiner nicht lange halten. Sie wurde von der Bourgeoisie gestürzt. Robespierre, der Führer der Jakobiner, wurde am 28 Juli 1794 enthauptet, die Bourgeoisie stellte die für sie notwendige „Ordnung“ her und verwandelte Frankreich in die bürgerliche Monarchie Napoleons I.[Ausgewählte Werke, Band 8]

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