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Kustarkommission

Die „Kommission zur Untersuchung der Kustarindustrie in Russland" (abgekürzt „Kustarkommission" genannt) wurde im Jahre 1874 beim Handels- und Manufakturrat gebildet. Sie verdankt ihre Entstehung einer Anregung des ersten allrussischen Kongresses der Fabrikanten und Unternehmer, der im Jahre 1870 stattfand. In dieser Kommission waren vertreten: das Finanzministerium, Innenministerium, Ministerium der Staatsdomänen, die Geographische Gesellschaft, die Freie Ökonomische Gesellschaft, die Moskauer Landwirtschaftliche Gesellschaft, die Russische Technische Gesellschaft und die Gesellschaft zur Förderung der russischen Industrie und des Handels. Von den im vorliegenden Band erwähnten Personen gehörten der Kommission an: J. N. Andrejew, N. F. Labsin, W. I. Weschnjakow, L. N. Maikow, J. E. Janson, A. B. von Buschen, D. A. Timirjasew, K. A. Skalkowski und W. D. Below. Die Untersuchungen selbst begann die Kommission erst im Jahre 1878, nachdem sie ganze vier Jahre auf Organisationsfragen, Programm, Arbeitsplan usw. verschwendet hatte. Die Kommission befand sich die ganze Zeit über in Geldnöten, da ihr aus der Staatskasse jährlich nur etwa 10.000 Rubel ausgezahlt wurden. Sie hatte nicht einmal die Möglichkeit, mehr als 70–75 Druckbogen jährlich herauszugeben, und das ihr von Mitarbeitern gelieferte Material harrte oft zwei bis drei Jahre seiner Veröffentlichung. Im Jahre 1884 unterbrach die Kommission aus Geldmangel überhaupt die Ausführung neuer Untersuchungen. Das in den „Arbeiten" veröffentlichte äußerst wertvolle Material stammt hauptsächlich von örtlichen, oft unbekannten Mitarbeitern, denn die Kommission verfügte nicht über die Mittel, mehr oder minder bedeutende Spezialisten der Statistik heranzuziehen. Von den Forschern, deren Material in den „Arbeiten" der Kustarkommission erschien, werden im vorliegenden Band folgende Personen erwähnt: Gazisski, Karpow, Warser, Pokrowski, Issajew, Stolpjanski, Borissow, Ostrjakow, Chatissow, Tillo, Popow, Manochin und andere.

Der zweifellos große Wert dieser von der Kustarkommission veröffentlichten Untersuchungen hätte noch größer sein können, wenn die Kommission ihre Mitglieder nicht durch eine in methodologischer Beziehung völlig unbefriedigende „Instruktion" gebunden hätte. Diese schlug unter anderem vor, als Kustarindustrie, d. h. als Objekt der Untersuchung, nur solche häuslichen Beschäftigungen vorwiegend der Landbevölkerung zu betrachten, die eine Ergänzung der landwirtschaftlichen Beschäftigung darstellen. Der Rahmen der Untersuchungen wurde auf diese Weise künstlich verengt, umfasste eher das Handwerk und die häuslichen Produktionszweige als die entwickelteren Formen der Kustarindustrie. Deshalb geben auch die Arbeiten der Kommission eher verkleinerte als übertriebene Angaben über den Entwicklungsprozess des Kapitalismus.

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