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Julikämpfe in Petersburg 1914

Der neue Aufschwung der Arbeiterbewegung in den Jahren 1912-1914 nahm gerade in der Mitte des Jahres 1914, d. h. unmittelbar vor dem Beginn des Weltkrieges, besonders scharfe Formen an. Die bolschewistische Fraktion in der Duma brachte am 12./25. März wegen der Massenvergiftung von Arbeiterinnen in der Gummimanufaktur und in der Tabakfabrik von Bogdanow und Komp, eine Interpellation ein. Diese Interpellation wurde durch den Streik von 53.000 Arbeitern unterstützt. In einer ganzen Reihe von Betrieben gab es Massendemonstrationen, bei denen revolutionäre Lieder gesungen wurden. Die Polizei suchte die Demonstranten auseinanderzutreiben, stieß aber überall auf den Widerstand und die Gegenwehr der Arbeiter. Das war der erste größere Ausbruch der Bewegung im Jahre 1914. Am 4./17. Juli wurde eine Versammlung der Arbeiter der Putilowwerke, die eine Sympathiekundgebung für die streikenden Arbeiter von Baku war, von der Polizei überfallen. Zwei Arbeiter wurden getötet, 50 verwundet und 150 verhaftet. Die Empörung der Arbeiter war groß. Am 5./18. Juli streikte die Mehrheit der Betriebe. Im Wiborger Stadtteil wurde eine nach Tausenden zählende Demonstration veranstaltet, bei welcher die Redner zum Sturz des Zarismus aufforderten. Der Polizei kamen Kosaken zur Hilfe. Sie schlugen die Arbeiter mit ihren Nagaikas und schossen in die Fenster der Arbeiterwohnungen. Der Proteststreik gegen diese Verprügelung der Arbeiter erfasste fast alle Stadtteile Petersburgs. Vom 6./19. bis zum 12./25. Juli streikten 300.000 Arbeiter. Die Versammlungen und Demonstrationen nahmen kein Ende. Am 8./21. Juli, am Tage der Ankunft des Präsidenten der französischen Republik, Poincaré, nahmen die Straßendemonstrationen einen gewaltigen Umfang an. Militär und Polizei schossen auf die Demonstranten. Im Wiborger Stadtteil waren die Zusammenstöße mit der Polizei besonders blutig, die Arbeiter bauten Barrikaden und leisteten hartnäckigen Widerstand. In einigen Teilen der Stadt wurden auch am 9./22. Juli Barrikaden errichtet. Kinder trugen den Arbeitern, die auf den Barrikaden kämpften, Steine zu. Die Zusammenstöße mit der Polizei währten den ganzen Tag. Es gab viele Tote und Verwundete, sowohl auf der Seite der Arbeiter als auch auf der Seite der Polizei. Die ganze Bewegung in den Julitagen trug einen stark ausgeprägten politischen Charakter. Die in Unruhe versetzte Bourgeoisie sperrte als Antwort auf die Streiks 60.000 Arbeiter der größten Betriebe aus, jedoch wurden die Betriebe am Vorabend der Kriegserklärung zum Zwecke der Sicherung der „friedlichen“ Durchführung der Mobilisierung unter dem Drucke der Regierung wieder geöffnet. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm. 19]

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