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Eisenacher Kongress MEW

Vom 7. bis 9. August 1869 fand in Eisenach der allgemeine deutsche sozialdemokratische Arbeiterkongress statt. Er war der Gründungskongress der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Auf der Tagesordnung standen das Programm und die Organisation der zu gründenden Partei, ihr Verhältnis zur Internationalen Arbeiterassoziation, das Parteiorgan und die Gewerkschaftsfrage. Referent zu den verschiedenen Fragen war August Bebel.

An den Beratungen nahmen 263 Delegierte teil, die Mandate aus fast 200 Orten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz besaßen. Sie wählten einmütig August Geib, August Bebel, Heinrich Oberwinder und Michael Quick zu Präsidenten des Kongresses. Zuvor waren die Vertreter des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins, die auf Anweisung J. B. von Schweitzers mit dem gebundenen Mandat nach Eisenach geschickt worden waren, den Kongress zu stören und die Gründung der Partei des Proletariats zu verhindern, von den Verhandlungen ausgeschlossen worden.

Der Eisenacher Kongress beschloss das Programm und die Statuten der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Er erklärte das „Demokratische Wochenblatt", das ab Oktober 1869 unter dem neuen Titel „Der Volksstaat" erschien, zum Parteiorgan, bestimmte Braunschweig zum Sitz des Parteiausschusses (Vorort) und Wien zum Sitz der Parteikontrollkommission. Als Mitglieder des provisorischen Parteiausschusses wurden Wilhelm Bracke, Heinrich Ehlers, Friedrich Neidel und Samuel Spier gewählt.

Der Entwurf des Programms und der Statuten, der dem Eisenacher Kongress als Vorlage diente, war von Bebel mit Unterstützung von Wilhelm Liebknecht, Bracke, Geib und anderen Führern der deutschen Arbeiterbewegung ausgearbeitet und im „Demokratischen Wochenblatt" vom 31. Juli 1869 veröffentlicht worden. Bei der Ausarbeitung des Programmentwurfs hatte Bebel die programmatischen Leitsätze aus der Präambel zu den Statuten der Internationalen Arbeiterassoziation von Marx benutzt, die bereits in das Programm des Nürnberger Vereinstages eingegangen waren. Der Charakter des Eisenacher Programms wurde – trotz lassalleanischer und vulgärdemokratischer Überreste – von den Prinzipien der IAA bestimmt. In den Statuten formulierte Bebel die organisatorischen Prinzipien einer proletarischen Partei in Deutschland, die bei zentralisierter Leitung eine weitestgehende demokratische Mitarbeit aller Parteimitglieder an der Festlegung und Durchsetzung der Politik garantierte. Geschickt berücksichtigte er dabei die komplizierten vereinsrechtlichen Bedingungen in Deutschland, die den organisatorischen Aufbau der Partei erschwerten.

Die Bebelsche Vorlage fand die Zustimmung des Eisenacher Kongresses und wurde mit wenigen Änderungen beschlossen. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei erhielt damit ein Programm und Statuten, die den Erfordernissen des Klassenkampfes in Deutschland entsprachen und der deutschen Arbeiterbewegung eine revolutionäre Orientierung und kampffähige Organisation gaben. [MEW 32, Anm. 364]

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