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nationale Kriege 1789-1871

Es handelt sich hier, wie Lenin weiterhin sagt, um jene Kriege, die für die Epoche 1789-1871, d. h. für die Epoche der Bildung bürgerlicher Nationalstaaten auf dem europäischen Festlande bezeichnend sind. Diese Epoche begann mit der Großen Französischen Revolution von 1789, die in Frankreich den Feudalismus vernichtete und den bürgerlichen Staat errichtete, und endete mit dem Deutsch-französischen Kriege von 1870-1871. Im Verlauf dieser 82 Jahre bildeten sich fast alle großen kapitalistischen Staaten Europas heraus: Frankreich, Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien. Der Prozess der Bildung der bürgerlichen Nationalstaaten war von einer Reihe von Kriegen begleitet. Frankreich musste in der Zeit der Revolution von 1782-1794 fast mit ganz Europa Krieg führen, um die Errungenschaften der Revolution und seine nationale Unabhängigkeit zu verteidigen, Deutschland führte im Verlaufe seiner Einigung Krieg mit Österreich-Ungarn und Frankreich, Italien mit Österreich usw. Diese Kriege, die im Prozess der Bildung der bürgerlichen Nationalstaaten vor sich gingen, nannte Lenin nationale Kriege. Die Baseler Resolution spricht nicht von nationalen Kriegen, sondern vom imperialistischen Kriege. In der Resolution heißt es hierüber: „Der Kongress … fordert die Arbeiter aller Länder auf, dem kapitalistischen Imperialismus die Kraft der internationalen Solidarität des Proletariats entgegenzustellen. Er warnt die herrschenden Klassen aller Staaten, das Massenelend, das die kapitalistische Produktionsweise herbeiführt, durch kriegerische Aktionen noch zu verschärfen … Es wäre Wahnwitz, wenn die Regierungen nicht begreifen würden, dass schon der bloße Gedanke der Ungeheuerlichkeit eines Weltkrieges die Entrüstung und Empörung der Arbeiterklasse hervorrufen muss. Die Proletarier empfinden es als ein Verbrechen, aufeinander zu schießen, zum Vorteile des Profits der Kapitalisten, des Ehrgeizes der Dynastien oder zu höherer Ehre diplomatischer Geheimverträge.“ Die von Plechanow und Kautsky mit unberechtigten Berufungen auf Marx angeführten Kriege waren keine imperialistischen Kriege. Die Kriege von 1813 und 1870, auf die sich Plechanow berief, waren: 1813 der Krieg Preußens gegen Frankreich für die Unabhängigkeit Preußens und 1870-1871 der Krieg Preußens gegen Frankreich, der der Pariser Kommune voranging. Die Kriege von 1854 bis 1871, von 1876-1877 und der Krieg von 1897, auf die sich Kautsky berief, waren: 1. der Krieg Englands, Frankreichs und ihrer Bundesgenossen gegen das zaristische Russland, der sogenannte Krimkrieg von 1854-1856, 2. der Krieg Sardiniens im Bunde mit Frankreich gegen Österreich für die Einigung Italiens im Jahre 1859, 3. der Krieg zwischen Preußen und Österreich um die Hegemonie bei der Einigung Deutschlands im Jahre 1866, 4. der bereits erwähnte Krieg Deutschlands gegen Frankreich in den Jahren 1870-1871, 5. der Krieg der Balkanvölker, der Bulgaren, Serben und Rumänen, gegen die Türkei für ihre Unabhängigkeit in den Jahren 1876-1877, in welchen das zaristische Russland eingriff, um unter dem Vorwand des Kampfes für die „slawischen Brüder“ von Konstantinopel und von dem Ausgang aus dem Schwarzen Meer ins Mittelmeer Besitz zu ergreifen, und 6. der Krieg Griechenlands gegen die Türkei um die Insel Kreta im Jahre 1897. Den allgemeinen Charakter dieser Kriege und die Grundlosigkeit der Berufung Plechanows und Kautskys auf Marx zeigt Lenin im Kapitel III dieses Artikels auf. [Lenin, Ausgewählte Werke, Band 5, Anm. 48]

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