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1. Parteitag der Partei der Sozialrevolutionäre

Der 1. Parteitag der Partei der Sozialrevolutionäre fand in Finnland vom 11. Januar 1906 (29. Dezember 1905) bis 17. (4.) Januar 1906 statt. Auf dem Parteitag waren die Vertreter des Zentralkomitees, des Zentralorgans, des Internationalen Büros, des Auslandskomitees, der Kampforganisation, des Bauernbundes sowie von 44 Ortsleitungen und Gruppen anwesend, mit insgesamt 67 beschließenden Stimmen von 51 Organisationen. Der Parteitag bestätigte das Parteiprogramm und die Organisationsstatuten der Partei der Sozialrevolutionäre, auch nahm er eine Resolution über den Boykott der Reichsduma und über den Verzicht auf die Beteiligung an der Wahlkampagne an.

Bei der Diskussion über die Statuten trat auf dem Parteitag eine rechte Gruppe auf, die in der Folge den Kern der Partei der Volkssozialisten bildete. Diese Gruppe brachte einen Antrag über die Bildung einer legalen politischen Partei ein, davon ausgehend, dass „sich um jede konspirative Organisation nur eine Auslese von einzelnen vollziehen kann; größere Gruppen dürfen nicht durch namenweise Auslese gebildet werden, sondern müssen sich auf Grund eines in die Massen geschleuderten Appells um die Fahne sammeln". („Protokolle", S. 55.) Der Parteitag nahm jedoch mit Stimmenmehrheit eine Resolution mit folgendem Wortlaut an: „Angesichts der gegenwärtigen politischen Verhältnisse und der Erfordernisse des augenblicklichen Kampfes hält der Parteitag den sofortigen Übergang von der konspirativen Organisation zu einer gänzlich offenen Partei der Sozialrevolutionäre noch nicht für möglich". Die Gruppe trat auch gegen einige Punkte des Programms. der Partei auf, insbesondere gegen die Zwangsmaßnahmen, die die Anwendung von Lohnarbeit in der Landwirtschaft verbieten usw.

Der Entwurf des Programms der Partei wurde auch von der seit langer Zeit in Erscheinung getretenen linken Strömung – den späteren Maximalisten einer Kritik unterzogen. Der linke Flügel schlug vor, an dem Entwurf folgende Abänderung vorzunehmen: „Die Sozialisierung des Bodens wird, wenn sie erfolgt, die Führung der kapitalistischen Betriebe noch mehr erschweren, weil die Abschwächung oder gar fast völlige Vernichtung der unmittelbaren Ausbeutung in der Landwirtschaft sich zwangsläufig in der entschiedensten und einschneidendsten Weise auf die Lage der Arbeit in allen anderen Zweigen auswirken muss". Ausgehend davon, schlug der linke Flügel nicht nur die Sozialisierung des Bodens, sondern auch die sofortige Sozialisierung aller Fabriken und Betriebe vor. Unter diesen Verhältnissen kam natürlich die Trennung in ein Minimal- und ein Maximalprogramm, wie sie von den Sozialdemokraten angenommen worden waren, in Fortfall. Letztere – argumentierten die „Linken" auf dem Parteitag mit Bezug auf die Sozialdemokraten – „verbeugen sich vor dem Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft, und in ihr Programm ist alles mit eingeschlossen, was man den herrschenden Klassen entreißen kann, ohne die Rahmen des bürgerlichen Regimes zu zerstören … Wir dagegen wollen uns durch die Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft nicht binden lassen …"

Der Parteitag lehnte die Abänderungsanträge auch des linken Flügels ab und nahm ein Programm an, dessen zentraler Punkt die Forderung der „Sozialisierung des Bodens", d. h. seine Herausnahme aus der Warenzirkulation und seine Verwandlung aus dem Privateigentum einzelner Personen oder Gruppen in allgemeines Volksvermögen blieb. Es soll – hieß es – „die Bodennutzung eine nach dem Prinzip der Arbeit ausgleichende sein, d. h. die Verbrauchsnorm sichern auf Grund der aufgewendeten eigenen Arbeit".

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